NEOS kritisieren Frühpensionierungen bei der Post

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Nationalrat debattiert über Maßnahmen für ältere ArbeitnehmerInnen

Äußerst unzufrieden zeigten sich die NEOS mit einer Anfragebeantwortung durch den Finanzminister zum Thema Frühpensionierungen bei der Post. Aus diesem Grund verlangten sie in der heutigen Nationalratssitzung die Durchführung einer Kurzdebatte. Da sich seit dem Jahr 2008 die Ruhestandsversetzungen, die den SteuerzahlerInnen hohe Kosten verursachen, enorm gesteigert haben, warf Gerald Loacker dem Minister Schelling vor, seiner Aufsichtspflicht nicht im gebührenden Maße nachzukommen. Es sei auch nicht einzusehen, dass die Allgemeinheit die Pensionskosten der Post zu tragen hat, während private AktionärInnen von den “fetten Dividenden” profitieren.

Loacker: Pensionssonderregelungen gehören auf den Schrottplatz

Die Ankündigung der Österreichischen Post AG im vorigen Jahr, vermehrt MitarbeiterInnen über 50 Jahre frühzeitig in den Ruhestand versetzen zu wollen, sei nicht nur eine Zumutung gegenüber den SteuerzahlerInnen, sondern vor allem gegenüber all jenen Menschen, die normale, privatwirtschaftliche Dienstverhältnisse haben, unterstrich Gerald Loacker. Dies bedeute nämlich, dass die Post ihre Personalkosten der Allgemeinheit umhängen will. Auch wenn die rechtliche Situation eine andere ist, so zeige sich ein ähnliches Denken nun bei der Bank Austria, die ebenfalls versuche, sich ihrer Pensionsverpflichtungen zu entledigen.

Loacker kritisierte zudem, dass sich die Post nicht an die Regeln des Beamtendienstrechts gehalten hat. Diese Tatsache wird u.a. durch mittlerweile 20 Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtshofs belegt. Darin wird den betroffenen MitarbeiterInnen bestätigt, dass sie zu Unrecht in den Ruhestand versetzt worden sind. Loacker war überzeugt davon, dass die Dunkelziffer noch viel höher liegt, da nicht alle den Rechtsweg beschreiten wollen. Aus all diesen Gründen haben die NEOS eine Anfrage an den Finanzminister gerichtet, dessen Beantwortung aber mehr als lückenhaft war und nur als “Märchenstunde” bezeichnet werden kann. Das einzig Neue, das man daraus entnehmen konnte, war die Höhe der Kosten, die das ganze Spektakel kostet, nämlich 90 Mio. €, so Loacker.

Interessant sei auch die Tatsache, dass ab 2008 die Ruhestandsversetzungen innerhalb von acht Jahren um 250 % zugenommen haben. Bis zu diesem Zeitpunkt musste nämlich das Finanzministerium diesen Maßnahmen zustimmen, informierte Loacker, ab 2009 war dies nicht mehr notwendig. Wenn jemand in einen normal versicherten Dienstverhältnis glaubt, er sei berufsunfähig oder invalide, dann gebe es nicht nur ein kompliziertes Verfahren, sondern er müsse auch alle möglichen Tätigkeiten am Arbeitsmarkt annehmen. Davon seien die BeamtInnen im allgemeinen, die nur innerhalb der Dienststelle versetzt werden können, aber ausgenommen. Eine Harmonisierung des Beamtenpensionsrechts sei daher dringend notwendig, forderte Loacker, dies werde von der ÖVP aber immer wieder verhindert.

Generelle Debatte über die Probleme älterer ArbeitnehmerInnen

Abgeordneter Christoph Matznetter (S) gab zu bedenken, dass vor allem bei großen, börsenorientierten Unternehmen beobachtet werden kann, dass sie verstärkt dem Druck der Börse nachgeben und versuchen, ältere ArbeitnehmerInnen los zu werden. Dies verursacht nicht nur Kosten für die SteuerzahlerInnen, sondern bedingt meistens auch ein schlechteres Service, da viel Know-how verloren geht. Gerade auch wegen der steigenden Altersarbeitslosigkeit müssen entsprechende Modelle entwickelt werden, forderte Matznetter, der kritisierte, dass ältere ArbeitnehmerInnen oft wie Aussätzige behandelt werden. Was die konkrete Anfrage der NEOS betrifft, so solle man bedenken, dass alle Anträge durch die PVA geprüft werden; er glaube nicht, dass mit unterschiedlichen Maßstäben gemessen wird.

Beatrix Karl (V) hob die Bedeutung der Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters hervor. Wenn auch bereits erste Erfolge erzielt werden konnten, müssen noch weitere Schritte gesetzt werden, war die Rednerin überzeugt. Als Beispiel führte sie die Einführung eines Teilkrankenstands an. Gleichzeitig müssen auf Unternehmensebene Maßnahmen ergriffen werden, um die Beschäftigten länger im Erwerbsleben zu halten. Aus der Anfragebeantwortung könne man erkennen, dass gerade die Post durchaus bemüht ist, in moderne Betriebsmittel und Gesundheitsförderungsprogramme zu investieren.

Gerhard Deimek (F) hielt die Debatte über die Anfragebeantwortung für sehr wichtig, weil es nicht nur um ein Einzelphänomen geht. Ähnliche Vorgänge konnte man etwa auch bei der Telekom, bei etlichen Banken, bei zahlreichen Privatbetrieben oder – einem großen Ausmaß – bei der ÖBB beobachten.

Schelling verweist auf begrenzte Einflussmöglichkeiten und Initiativen für ältere ArbeitnehmerInnen

Die Bundesregierung befasse sich intensiv mit den Problemen älterer ArbeitnehmerInnen und habe diesbezüglich auch schon zahlreiche Initiativen gesetzt, erklärte Finanzminister Hans Jörg Schelling. So werden etwa in den Jahren 2015 und 2016 zusätzlich jeweils 250 Mio. € für diesen Bereich zur Verfügung gestellt. Auch das Bonus-Malus-System befinde sich schon in der Umsetzung. Was die konkrete Anfrage betrifft, so habe das Finanzministerium nur begrenzte Einflussmöglichkeiten, da sein Ressort lediglich als Auszahlungsstelle fungiere. Außerdem gelte im vorliegenden Fall das Beamtendienstrecht, das aufgrund der Pragmatisierungen und des strengen Versetzungsschutzes wenig Spielräume biete. Da es sich bei der Post AG um ein börsenorientiertes Unternehmen handelt, sind die entsprechenden Organe für die wirtschaftlichen und personellen Entscheidungen zuständig. Aufgrund der derzeitigen gesetzlichen Grundlagen könne er auch nicht auf Einzelfälle eingehen. Die Post sei jedenfalls ein sehr wichtiger Arbeitgeber, unterstrich Schelling, 35 % aller MitarbeiterInnen sind zudem älter als 50 Jahre. Was die Bank Austria betrifft, so gehe er unter Berücksichtigung der geltenden Gesetzeslage nicht davon aus, dass so einfach über 3.000 MitarbeiterInnen ins

staatliche Pensionssystem zu Lasten der SteuerzahlerInnen übertragen werden können.

Judith Schwentner (G) hielt dem Finanzminister entgegen, dass es sehr wohl erlaubt sein müsse, im Parlament über über jahrelange Missstände und schlechtes Management bei der Post, die mehrheitlich dem Staat Österreich gehört, zu diskutieren. Nach der Privatisierung durch die schwarz-blaue Regierung haben sich die Arbeitsbedingungen massiv verschlechtert, urteilte die Rednerin, auch darauf müsse man vermehrt schauen. Sie appellierte daher an die Minister, entsprechende Anfragen ernst zu nehmen und ausführlich zu beantworten.

NEOS-Vertreterin Claudia Angela Gamon vermisste grundlegende Reformen im Pensionswesen und trat für eine Vereinheitlichung der Systeme ein. Es könne nicht angehen, dass fitte, ältere ArbeitnehmerInnen, die noch gerne im Job geblieben wären, in die Zwangspension geschickt werden. Wenn Regelungen im Beamtendienstrecht als problematisch erkannt werden, dann sollten diese auch rasch geändert werden, forderte Gamon. Statt einer Obergrenze für Flüchtlinge hätte sie lieber eine für politische Untätigkeit, für Reformverschleppung oder fürs Schuldenmachen.

Auch Waltraud Dietrich vom Team Stronach plädierte für ein einheitliches Pensionssystem, das statt zahlreicher Privilegien eine Gleichbehandlung für alle bringt. Im Fall der Post müsse man die Fehler früherer Regierungen ausbaden, da einerseits zwar eine Privatisierung durchgeführt wurde, andererseits aber auch die alten Verträge beibehalten wurden. Generell sei die Arbeitssituation vieler MitarbeiterInnen aber sehr schwierig, die oft unter einem enormen Zeitdruck arbeiten müssen

Quelle
Redaktionelle Adaption einer per APA-OTS verbreiteten Presseaussendung.