Unterentlohnung fast schon ein Klassiker in der Beratungspraxis der Arbeiterkammer

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Fast 60.500 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus dem Großraum Linz haben sich im ersten Halbjahr 2015 mit ihren Fragen und Problemen an die Arbeiterkammer Oberösterreich gewandt. Auffallend:
Systematische Unterentlohnung entwickelt sich zum Dauerbrenner. Beim heutigen Sommergespräch der AK in Linz berichteten AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer und die Leiterin des Rechtsschutzes Linz, Dr.in Helga Kempinger, aus der Beratungspraxis und präsentierten Tipps für Betroffene.

Wenn Menschen in die Rechtsberatung der AK in Linz kommen, geht es in den meisten Fällen um offene Löhne und Gehälter, aber auch um Sonderzahlungen, Überstunden, offene Urlaubstage und Abfertigungen. Zunehmend häufen sich aber auch Fälle systematischer Unterentlohnung.

So wie im Fall von sechs Linzer Bauarbeitern, die zum Teil monatelang unter dem geltenden Kollektivvertrag bezahlt worden waren und kein Weihnachtsgeld bekommen hatten. Auch Überstunden hat der Chef so gut wie nie bezahlt. Mit Hilfe der Arbeiterkammer bekamen die sechs Männer insgesamt fast 73.000 Euro. Auch eine Kellnerin aus dem Großraum Linz, die sich bei der AK über ihre Rechte erkundigte, war mehr als ein halbes Jahr lang unterkollektivvertraglich entlohnt worden. Erst auf dem Weg der Exekution kam die Frau zu ihrem Geld -mehr als 5000 Euro.

In den genannten Fällen konnte die AK das vorenthaltene Entgelt für die Betroffenen wieder hereinholen. Verfallene Ansprüche kann aber auch die AK nicht einklagen. Es kommt immer wieder vor, dass Menschen jahrelang unterentlohnt werden, aber aufgrund der kollektivvertraglichen Bestimmungen zum Beispiel nur drei Monate nachbezahlt bekommen. Die AK fordert daher die Abschaffung dieser Verfallsfristen. Damit käme die im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) festgesetzte dreijährige Verjährungsfrist zum Tragen.

Die Forderung nach Abschaffung der Verfallsfristen ist Teil einer Parlamentarischen Bürgerinitiative der AK Oberösterreich. Diese beinhaltet zusätzlich noch die Forderung nach einer Informationspflicht bei Unterentlohnung. Die Initiative hat bereits Erfolge gebracht: Arbeitnehmer/-innen müssen nun informiert werden, wenn es infolge einer Betriebsprüfung durch die Gebietskrankenkasse oder das Finanzamt zu einer Strafanzeige wegen Unterentlohnung kommt. Außerdem machen sich Arbeitgeber/-innen nach dem seit 1.1.2015 erweiterten Lohn- und Sozialdumping Bekämpfungsgesetz (LSDBG) strafbar, wenn sie ihren Beschäftigten nicht zumindest das nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Entgelt zahlen, also den Lohn oder das Gehalt inklusive Überstunden, Zulagen, Zuschlägen, Sonderzahlungen (Urlaubs- und Weihnachtsgeld) oder Krankenentgelt. AK-Präsident Kalliauer: “Wir werden die Umsetzung des neuen Gesetzes genau überwachen, uns aber auch weiterhin dafür einsetzen, dass es die kurzen Verfallsfristen gar nicht mehr gibt.”

Hier die vier wichtigsten Tipps der AK im Zusammenhang mit offenen Ansprüchen:

  • Rechtzeitig handeln: Ausständige Forderungen rechtzeitig und schriftlich geltend machen! Verfallsfristen, die kürzer sind als drei Monate, sind unzulässig.
  • Lohnabrechnungen kontrollieren lassen: Die Beratungspraxis der AK zeigt: Lohnabrechnungen stimmen nicht immer. Es können sich bei einer Überprüfung (große) Nachzahlungen ergeben.
  • Infos einholen: Viele Arbeitnehmer/-innen kommen erst nach dem Ende eines Arbeitsverhältnisses zur Arbeiterkammer. Besser ist es, sich schon im aufrechten Arbeitsverhältnis über seine Rechte zu informieren – so kann manche böse Überraschung verhindert werden.
  • Arbeitszeiten genau aufzeichnen: Es kann gar nicht oft genug gesagt werden: Wer alle Arbeitszeiten minutiös aufzeichnet und wenn möglich von Kollegen/-innen bestätigen lässt, hat die besseren Karten. Denn damit hat man im Fall des Falles ein Beweismittel, um Forderungen durchsetzen zu können.

 

Quelle
Redaktionelle Adaption einer per APA-OTS verbreiteten Presseaussendung.