Ärztekammer und Hausärzte ein Unterschied

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Primärversorgung nur im Rahmen eines Gesamtvertrags

Ärztekammer begrüßt Positionierung der Gesundheitsministerin – Drohende Zwei-Klassen-Medizin durch Leistungseinschränkungen im extramuralen Bereich – Kritik an ELGA bleibt

Die Ärztekammer begrüßt den Vorstoß von Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser, ärztliche Leistungen in der Primärversorgung „auf jeden Fall“ in den bestehenden Gesamtvertrag einzubinden. Für den Obmann der Kurie niedergelassene Ärzte und Vizepräsidenten der Ärztekammer für Wien, Johannes Steinhart, steht damit außer Frage, dass dies auch für die Primary Health Care (PHC)-Zentren zu gelten habe.

Auch Oberhausers Sorge um eine drohende Zwei-Klassen-Medizin kann Steinhart „vollinhaltlich“ teilen. Seit Langem warne die Ärztekammer vor dieser Entwicklung, „und nun ist es schön, wenn zumindest eine Politikerin in Österreich die Probleme erkannt hat und auf politischer Ebene dagegensteuern will – statt ständig nur zu beschwichtigen, wie es so manche Landespolitiker und Kassenfunktionäre in reflexartiger Verteidigung tun“.

Tatsächlich drängen immer mehr Ärztinnen und Ärzte in den privaten extramuralen Bereich. Steinhart sieht den Hauptgrund dafür in der mangelnden Attraktivität eines Kassenvertrags. „Kassenärzte sind mit immer mehr Bürokratie, veralteten Honorarkatalogen, Limitierungen und Leistungseinschränkungen konfrontiert, so Steinhart. Dazu komme der „bei einigen Krankenkassen doch sehr eigenwillige Umgangston“, der Ärztinnen und Ärzte immer mehr davon abhalte, einen Kassenvertrag anzustreben

Zeit im Blick- Wir haben keine zwei Klassen Medizin sondern 4 Klassen. Doch es leiden Hausärzte und Patienten zusammen wie ein Fall auch heute wieder zeigt wo der Hausarzt auswandert bevor er durchdreht.

Die Kollegenschaft fühle sich im Kassensystem oft ausgenutzt. Nicht der Wunsch, im privaten Bereich mehr Geld zu verdienen, sei ausschlaggebend für die Tätigkeit als Wahlarzt, sondern das System dränge Ärztinnen und Ärzte förmlich in die Privatmedizin. Steinhart:
„Ich kann es den jungen Kolleginnen und Kollegen nicht verdenken, dass sie sich die Mühen eines Kassenvertrags nicht mehr antun wollen und stattdessen einen Weg wählen, wo sie sich Zeit für ihre Patienten nehmen und medizinische Leistungen uneingeschränkt anbieten können.“

Allein in Wien bräuchte es 300 neue Kassenstellen, um dem Patientenansturm einigermaßen gerecht werden zu können. Eine zu geringe Anzahl an Kassenordinationen gepaart mit Limitierungen im Leistungskatalog würden dann die langen Wartezeiten für Patienten in einzelnen Fächern, vor allem aber im Bereich der Computertomografie und der Magnetresonanzuntersuchungen, bedingen.

Auch die Elektronische Gesundheitsakte ELGA habe sehr viel zur Frustration innerhalb der Kollegenschaft beigetragen. In der derzeitigen Form sei ELGA „unpraktikabel, teuer und datenschutzrechtlich höchst bedenklich“. Hier übt Steinhart aber auch Kritik an der Gesundheitsministerin: „Unsere Bedenken bei ELGA als ‚böse Propaganda‘ abzutun, zeigt wenig von politischem Gespür.“ Denn es müsse zulässig sein, über Datenschutz und Usability „offen und unmissverständlich“ zu diskutieren, so Steinhart.

Über die Gesprächsbereitschaft der Ministerin, vor allem hinsichtlich eines möglichen Ausbaus von PHC-Zentren, freut sich Steinhart besonders: „Sehr gerne nehmen wir das Angebot der Ministerin an, auf Basis der Erfahrungen aus dem Pilotprojekt in Wien den weiteren Ausbau von PHC-Zentren zu diskutieren.“ Die Gesprächsinhalte müssten dann aber auch die Misere der Krankenkassen einschließlich deren gegen die Interessen der Patienten gerichteten Sparpolitik, die notwendige und längst überfällige Aufwertung des Hausarztes sowie die Probleme bei ELGA hinsichtlich Praktikabilität, Datenschutz und Haftungsfragen beinhalten.

Zeit im Blick: Wenn ein Gemeindearzt Selbstmord begeht ist das eine Katastrophe und alle verantwortlichen sollten sich zu tiefst schämen.

Quelle
Redaktionelle Adaption einer per APA-OTS verbreiteten Presseaussendung.