Digitalisierung soll Menschen helfen

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Mahrer: Digitalisierung soll Menschen nicht ersetzen, sondern hochwertige Kombinationsmodelle schaffen.

Bundesrat weist in Aktueller Stunde auf Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung hin.

Die Länderkammer des Parlaments hat es sich zur Aufgabe gemacht, die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Digitalisierung und ihre Herausforderungen für Politik und Gesellschaft zu lenken. In einer Aktuellen Stunde mit Wirtschafts- und Wissenschaftsminister Harald Mahrer thematisierten die Bundesrätinnen und Bundesräte vor allem die Frage der Rahmenbedingungen, die notwendig sind, um die Digitalisierung zum Motor von Innovationen zu machen, die der Wirtschaft und den Menschen im Alltag nützen. Mahrer betonte ebenfalls, dass Digitalisierung und Innovation das Leben der Menschen besser machen sollen. Wichtig sei es, die Möglichkeiten der Digitalisierung aufzuzeigen, statt mit den Ängsten davor zu spielen.

Bundesratspräsident Edgar Mayer betonte, dass die Digitalisierung nicht nur in der öffentlichen Verwaltung, sondern auch in Bereichen wie Landwirtschaft und Tourismus Chancen in unglaublichem Ausmaß bietet. Sie könne unsere Arbeitswelt nicht nur schneller und einfacher, sondern auch sicherer machen, hielt Mayer dazu fest. Auch der Europäische Rat werde sich demnächst mit dem Thema der Digitalisierung befassen, das der österreichische Bundesrat schon seit mehreren Jahren intensiv behandelt, zuletzt mit dem Symposium “Digitalisierung und Demokratie” Anfang Oktober.

ÖVP: Digitalisierung eröffnet ländlichem Raum neue Chancen

Die zweite Kammer des Parlaments habe die Aufgabe, den Blick in die Zukunft zu richten, sagte Bundesrat Martin Preineder (V/N). Die rasant fortschreitende Digitalisierung eröffnet seiner Meinung nach dem ländlichen Raum neue Chancen. Erforderlich dafür seien aber wirtschaftliche Innovationen, die vor allem auf kleine Einheiten und kundenfreundliche Lösungen abstellen. Zukunftsthemen für den ländlichen Raum sind etwa die Nutzung nachwachsender Rohstoffe und Entwicklungen in der Bioökonomie. Dafür müsse aber vorausschauend geplant werden, etwa im Bereich Breitbandausbau, Nutzung von Photovoltaik und Dezentralisierung von Verwaltungsstellen. Die Mobilität müsse ebenso neu organisiert werden wie die Gesundheitsversorgung des ländlichen Raums. Vergessen dürfe man dabei auch nicht auf das Vereins- und Kulturleben, unterstrich Preineder.

Bundesrat Klaus Fürlinger (V/O) wies darauf hin, dass im Bereich Programmierung ein Fachkräftemangel besteht. Hier müsse das Berufsbild attraktiver werden. Ein noch immer ungelöstes Problem sei es, wenn der ländliche Raum sogar nahe an den Ballungszentren mit Internetanschlüssen unterversorgt sei. Viele Entwicklungen der Digitalisierung seien aber alternativlos und nicht aufzuhalten, argumentierte Fürlinger. Die Herausforderung bestehe daher darin, die darin liegenden Chancen bestmöglich zu nützen.

SPÖ: Arbeitsbedingungen in der digitalen Welt kritisch hinterfragen

Für den Wiener SPÖ-Bundesrat Stefan Schennach steht außer Zweifel, dass die Digitalisierung umfassende Veränderungen mit sich bringt. Die Frage sei aber, wo der Fokus der Entwicklung liegt: Geht es darum, das Arbeitsleben zu vereinfachen, oder darum, im Interesse der Profitmaximierung möglichst viel menschliche Arbeitskraft zu ersetzen. Schennach sieht die Gefahr, dass neue Arbeitsmodelle, wie Crowdworking, zu sozialen Verwerfungen führen, prekäre Arbeitsverhältnisse zunehmen und die Mitbestimmung der ArbeitnehmerInnen zurückgedrängt wird. Einen kritischen Blick warf Schennach auch auf die Arbeitsbedingungen in Startups. Der Online-Handel berge die Gefahr, dass traditionelle Geschäftsstraßen und der ländliche Raum veröden. Die neuen Möglichkeiten etwa in der Gesundheitsversorgung und Pflege seien zwar faszinierend, doch müsse man auch hier fragen, wie weit das Entfallen menschlicher Interaktion gehen könne, meinte der Bundesrat. Er forderte, dass Kinder möglichst früh digitale Kompetenzen erwerben können.

Bundesrat Wolfgang Beer (S/W) sah es als eine der wesentlichen Aufgaben der Politik, gerade jenen Hilfestellung zu bieten, die von der Entwicklung zurückgelassen werden. Man könne nicht hinnehmen, dass weniger Qualifizierte auf Dauer in Arbeitslosigkeit und in die Mindestsicherung abgeschoben werden. Er frage sich auch, warum trotz der angeblichen Entlastung der Arbeit durch technischen Fortschritt psychische Erkrankungen zunehmen. Offenbar profitieren die ArbeitnehmerInnen nicht in ausreichendem Maß von der Digitalisierung. Was den Breitbandausbau betrifft, sah Beer in der Privatisierung der Post einen grundlegenden Fehler. Nun müsse der Staat durch Förderungen die Infrastruktur bereitstellen, an deren Ausbau ein gewinnorientierter internationaler Konzern kein Interesse habe.

Freiheitliche: Bewährte Unternehmen entlasten, um Innovationskraft zu steigern

Der Freiheitliche Wiener Bundesrat Reinhard Pisec beurteilte die österreichische Entwicklung bei den Startups sehr kritisch. Gerade im Bereich der digitalen Ökonomie zeige sich, dass weniger als 90% der neuen Unternehmen es nicht über das dritte Jahr hinaus schaffen. Aus seiner Sicht liegt das Problem in einer zu niedrigen Kapitalausstattung und darin, dass die Innovationen sehr oft am tatsächlichen Bedarf vorbeigehen. Wenn die Politik die entsprechenden Rahmenbedingungen für Innovation schaffen wolle, so müsse sie sich auf etablierte Unternehmen stützen, die meist als Familienbetriebe geführt werden. In diesen Unternehmen finde ein wesentlicher Teil von Forschung und Innovation statt, sagte er. Dafür brauchten sie aber eine entsprechende Kapitalausstattung. Seine Forderungen richteten sich daher auf die Senkung der Steuerquote, Arbeitszeitflexibilisierung, Abschaffung der kalten Progression und eine Halbierung der Körperschaftssteuer.

Bundesrat Gerd Krusche (F/St) sprach einmal mehr das Problem einer Unterversorgung des ländlichen Raums mit Internetanschluss an. Die große Frage des Arbeitsmarkts werde nicht so sehr der Wegfall von Arbeitsplätzen sein, sondern die entsprechende Qualifizierung der Arbeitskräfte. Im Onlinehandel sah er bereits einen Gegentrend, KundInnen würden wieder mehr Wert auf Service und soziale Interaktion legen. Dem müsse man ebenso Rechnung tragen wie der Tatsache, dass Innovation immer auch Teamarbeit erfordert. Dafür seien neue Arbeitszeitmodelle notwendig. Krusche zeigte sich optimistisch, dass letztlich das soziale Korrektiv greifen werde.

Grüne sehen Lücken bei Datenschutz und Datensicherheit

Den Rückstand Österreichs bei schnellem Breitbandinternet beklagte Ewa Dziedzic (G/W). Nachholbedarf sieht die Bundesrätin auch in den Bereichen Bildung und Qualifikation. Die Vermittlung von digitaler Kompetenz bzw. Medienkompetenz müsse endlich fest in den Lehrplänen verankert werden. Aus ihrer Sicht gibt es auch deutliche Lücken der Gesetzgebung in den Fragen des Datenschutzes, der Cybersicherheit, dem Umgang mit Big Data und beim Schutz von kritischer Infrastruktur. Viele Menschen hätten Angst um ihren Arbeitsplatz, diese Fragen müssten ebenso angesprochen werden wie die neuen Möglichkeiten zu einer Arbeitszeitverkürzung. Ebenso müsse man die Chancen für Umwelt-und Klimaschutz, schonender Ressourceneinsatz und die Förderung der E-Mobilität ergreifen. Chancen sieht Dziedzic in der Digitalisierung auch für Inklusion und ein selbstbestimmtes Leben von älteren Menschen und Menschen mit besonderen Bedürfnissen.

Mahrer: Innovationen sollen das Leben der Menschen verbessern

Bundesminister Harald Mahrer erinnerte daran, dass technische Innovation immer auch mit Skepsis betrachtet wurde. Letztlich habe sie aber stets dazu geführt, dass das Arbeitsleben erleichtert wurde und harte, gesundheitsgefährdende Formen der Arbeit reduziert werden konnten. Die Debatten, die der Bundesrat zur Digitalisierung anstoße, seien sehr wichtig, da den damit verbundenen Fragen oft nicht die ausreichende Aufmerksamkeit geschenkt werde. Wichtig sei es, die Möglichkeiten der Digitalisierung aufzuzeigen, statt mit den Ängsten davor zu spielen.

Grundsätzlich gehe um die Frage, wie der technische Fortschritt in Innovationen übersetzt werden kann, welche dazu beitragen, die menschliche Arbeit zu erleichtern und zu verbessern. Die Digitalisierung soll nicht den Menschen ersetzen, sondern hochwertige Kombinationsmodelle zwischen Mensch und Computer schaffen, erklärte der Minister. Beispiele dafür seien etwa Programme im Medizinbereich, die durch Zugriff auf große Datensätze eine raschere und verfeinerte Diagnose erlauben. So wie für Unternehmen, gelte es auch für die öffentliche Verwaltung, sich stärker an den spezifischen Bedürfnissen der Menschen zu orientieren. Voraussetzung dafür sei allerdings eine entsprechende Datensicherheit, um das Vertrauen der Menschen in die neuen Technologien zu stärken.

Nicht vergessen dürfe man, dass auch die digitale Technik entsprechende physische Infrastrukturen und Innovationen brauche, erklärte Bundesminister Mahrer. Das gelte etwa für Universitäten und Schulen, die baulich an die neuen Herausforderungen zu adaptieren seien, um das Klassenzimmer der Zukunft zu schaffen. Um sicherzustellen, dass die Digitalisierung das Wohlstandsniveau hebt, bessere Bildung sowie saubere Energie ermöglicht und zur Verwirklichung des eigenen Lebensraumes beiträgt, bedürfe es auch verstärkter Investitionen, sowohl von staatlicher wie privater Seite, hielt Mahrer fest.