Die Situation Eskaliert immer mehr.
Angst um Sicherheit: Diakonie zieht Mitarbeiter aus Asylaufnahmezentrum Traiskirchen zurück
Asylbewerber, die unter freiem Himmel schlafen, weil sie kein Bett haben und eine aufgeheizte Stimmung: Die Diakonie zieht sich aus dem Flüchtlingslager zurück.
Drückende Hitze und mehr als 3000 Menschen auf dem Gelände des Asylerstaufnahmezentrums in Traiskirchen, viele davon ohne fixen Schlafplatz: Die Lage im Flüchtlingslager wird jeden Tag dramatischer, wie die SN in ihrer morgigen Ausgabe berichten. Im Haus 17 des Zentrums, wo sich die Rechtsberatung der Diakonie befindet, ist die Stimmung unterdessen so aufgeheizt, dass der evangelische Flüchtlingsdienst die Beratung für die Asylbewerber bis auf Weiteres einstellt. Grund: Die Sicherheit für die Mitarbeiter vor Ort sei nicht mehr gegeben und die Beratung könne nicht mehr sinnvoll durchgeführt werden. Das bestätigte Christoph Riedl von der Diakonie auf SN-Anfrage. Das Innenministerium sei bereits darüber informiert. Diakonie-Mitarbeiter mussten zuletzt hinter verschlossenen Türen arbeiten, weil der Ansturm so groß war, dass Mitarbeiter angeblich sogar aus den Fenstern klettern mussten, um wieder rauszukommen.
“Es gibt keine Fluchtwege, es ist eng und stickig bei der Hitze in dem Haus”, sagt Riedl. Traiskirchen verwandle sich langsam, aber sicher in einen Druckkochtopf, warnt der Flüchtlingshelfer. Ganz ähnlich klingen die Warnungen des Traiskirchner Bürgermeisters Andreas Babler (SPÖ): Erst am Montag hatte er appelliert, die Erstaufnahmestelle sofort zu entlasten. Die Situation drohe endgültig zu eskalieren, Traiskirchen sei ein “Pulverfass”. Seine Stadt sei “infrastrukturell am Limit”, so der Bürgermeister.
Für Empörung sorgten auch Bilder aus dem Flüchtlingslager, die der ORF-Sendung “Orientierung” von Flüchtlingen zugespielt worden sind. Darauf zu sehen: Asylbewerber, die auf freiem Gelände schlafen, weil es in der Betreuungsstelle keinen Platz mehr gibt. Rund 900 Menschen im Flüchtlingslager haben derzeit keinen fixen Schlafplatz in einem der Gebäude oder in einem der Zelte, die aufgestellt wurden. Grüne und Neos sprachen von einer “Schande”.
“Die Frustration bei den Asylbewerbern ist verständlich”, sagt Riedl. Es wundere ihn, dass “nicht schon mehr passiert ist”. Auch die Polizei und die Sicherheitsmitarbeiter seien erstaunt, dass es “noch keine Massenpanik oder schlimmere Zwischenfälle gab”, sagt Riedl. Wie der “Kurier” berichtet, schafft die niederösterreichische Polizei vier neue Schwerpunkt-Dienststellen für Asylbewerber, um die Erstaufnahmestelle in Traiskirchen zu entlasten. Bis Ende Juli sollen sie fertig sein, heißt es.
Bei der Diakonie wird betont, dass dem Aus für die Rechtsberatung im Flüchtlingslager lange Verhandlungen mit dem Innenministerium über zusätzliche Räumlichkeiten vorausgegangen seien. “Aber wir werden immer vertröstet”, sagt Riedl. Container sollten aufgestellt werden, doch passiert sei nichts. Stattdessen wurde die Schlange vor Haus 17 immer länger. Bis es nicht mehr ging.
Die Diakonie will die Asylbewerber trotz des Rückziehers nicht im Stich lassen. Die Beratungsstelle im Ort bleibt geöffnet.