Nach Betretungsverbot mit Tätern arbeiten
“Die Polizei ist jeden Tag mit Gewalt konfrontiert. Das Ausmaß wird oft unterschätzt, dabei sind insbesondere Übergriffe im sozialen Nahraum kein Randgruppenproblem”, sagte Innenministerin Mag.a Johanna Mikl-Leitner am 5. Oktober 2015 bei einem Symposium in Wien zum Thema “Opferorientierte Täterarbeit” mit dem Ministerium für Bildung und Frauen (BMBF). “Im Kampf gegen Gewalt und für Opferschutz hat das Innenministerium mit dem Frauenministerium einen starken Partner. Nur gemeinsam können wir Gewalt gegen Frauen, Kinder und Jugendliche langfristig eindämmen.”
“Aus frauenpolitischer Sicht ist Täterarbeit vor allem eine wichtige Präventionsmaßnahme gegen Gewalt an Frauen. Das primäre Ziel muss die Sicherheit des Opfers sein, in dem der Schutz vor weiteren Gewalthandlungen gewährleistet wird. Um dieses Ziel zu erreichen, ist beides wichtig: Täterarbeit und Opferschutz. Dabei ist es mir wichtig, dass es eine klare Trennung zwischen den Einrichtungen gibt, die mit den Tätern arbeiten, und Einrichtungen zum Schutz und zur Unterstützung von Opfern. Die Täterarbeit muss so geleistet werden, dass der Opferschutz bestmöglich gewährleistet ist”, erklärte Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek. “Mein Ressort ist im Bereich Gewaltschutz besonders aktiv, wir leisten beispielsweise an Schulen wichtige Präventionsarbeit, wie etwa die Kampagne ,Gewaltfrei leben‘”.
Im Jahr 2014 wurden in Österreich nach familiärer Gewalt 7.587 Betretungsverbote ausgesprochen. Derzeit gibt für Gewalttäter ein freiwilliges Angebot auf ein Rechtsgespräch mit einem Polizisten oder einer Polizistin. In der Regel findet ein solches Gespräch ein bis drei Tage nach der Verhängung des Betretungsverbotes statt, wenn eine gewisse Cool-Down-Phase eingetreten ist. Dieses freiwillige Angebot soll künftig verpflichtend im Sicherheitspolizeigesetz verankert werden. “Ziel ist es, die psychologische Betreuung weiter zu verbessern, um Gefährder oder Täter anzusprechen und aus der Gewaltspirale zu bringen. Denn wo Gewalt totgeschwiegen wird, wächst sie”, sagte Mikl-Leitner. “Es bedarf einer österreichweit einheitlichen Vorgehensweise. Darum ist die Zusammenarbeit auf interministerieller Ebene besonders wichtig.”
Landespolizeivizepräsident General Karl Mahrer stellte das Projekt “Multi-Agency Risk Assessment Conference” (MARAC) vor. Ziel ist es, dass bei schweren Fällen von Gewalt in der Privatsphäre zeitnahe Fallkonferenzen stattfinden, an denen Vertreter aller involvierten Behörden und Institutionen teilnehmen.
Beim Symposium referierten auch Vertreter verschiedener Organisationen, die sich mit “Opferorientierter Täterarbeit” beschäftigten. Dr. Heinrich Kraus und Mag. Alexander Bernhard von den Männerberatungsstellen Wien und Graz berichteten über die Trainingsprogramme zur Verhinderung von fortgesetzter Gewalt durch zielgerichtete Betreuung. Mag. Bernhard Gläser informierte über den Verein Neustart, der sich um Bewährungshilfe kümmert und unter anderem Anti-Gewalt-Trainings durchführt.