Ausweisung von Sperrgebieten als Deckmantel für persönliche Interessen?
Fragwürdige Methoden bei der Ausweisung eines Wildschutzgebietes im Kärntner Seebachtal alarmieren den Alpenverein als Interessensvertretung und Naturschutzorganisation. Das Naturschutzargument scheint immer öfter als Vorwand missbraucht zu werden, um versteckte Interessen durchzusetzen und unerwünschte Personengruppen und Erholungssuchende auszusperren. Persönliche Konflikte werden unter dem Deckmantel des Naturschutzes ausgetragen und die Behörden spielen mit. Im Rahmen einer Pressekonferenz in Klagenfurt nahm der Alpenverein Landesverband Kärnten dazu Stellung und zeigte auf, welche Auswirkungen diese Vorgehensweise auf das bereits beantragte Wildschutzgebiet im Maltatal, aber auch auf die Entwicklung in ganz Österreich haben könnte.
Ärger über fadenscheinige Wildschutzgebietsausweisung im Seebachtal
Auch Tage nach dem erlassenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau herrscht Unverständnis. „In meinen Augen stützt sich der Bescheid auf ein Gutachten ohne fachliche Begründung und enthält für die bestehende Situation keine konkreten Argumente. Im Gegenteil! Die im Bescheid angeführten Argumente sind nicht viel mehr als Allgemeinplätze“, so DI Joachim Gfreiner, Vorsitzender des Landesverbands Kärnten des Österreichischen Alpenvereins. „Wir haben eine fundierte Stellungnahme abgegeben, mit der sich die Behörde nicht ausreichend auseinander gesetzt hat. Damit konnten die Argumente des Alpenvereins jedenfalls nicht schlüssig entkräftet werden“, ergänzt Dr. Arnold Riebenbauer, 1. Stellvertreter des Vorsitzenden im Landesverband Kärnten und Vorsitzender des ÖAV-Spittal.
Nationalpark wurde nicht eingebunden
„Für uns ist die Entscheidung insofern unverständlich, als wir bereits im Vorjahr mit dem Grundeigentümer, dem Nationalpark und den Freizeitsportlern gemeinsam sehr konstruktiv an der Entwicklung eines Besucherlenkungskonzepts gearbeitet haben“, zeigt sich auch DI Peter Kapelari, Leiter der Abteilung Hütten, Wege und Kartographie im Hauptverein, enttäuscht. Diese Gespräche, die auf Bestreben der Nationalparkverwaltung initiiert wurden, wurden mit diesem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft nun jäh und für uns überraschend beendet. „Obwohl das ausgewiesene Gebiet in der Kernzone des Nationalparks liegt, wurde dieser als Fachstelle außen vor gelassen“, sagt Kapelari.
Paragrafen werden instrumentalisiert
Der Alpenverein verweist auf die ursprüngliche Befriedungsfunktion der Behörden. Im konkreten Falle wurde aber trotz positiver Gesprächsrunden, die sich einen Interessensausgleich zum Ziel gesetzt hatten, über alle Köpfe hinweg entschieden. „Man hat einer Partei alle Karten in die Hand gegeben und so Unfrieden geschaffen. Uns besorgt, dass offensichtlich Paragrafen instrumentalisiert werden, um persönliche Interessen durchzusetzen“, erklärt Peter Kapelari.
Die Vorgehensweise ist für den Alpenverein äußerst problematisch und bestätigt die Tendenz, die seit längerem auch österreichweit zu spüren ist. „Es scheint ein Trend zu sein, aus einer aus Alpenvereinssicht fragwürdigen Argumentation heraus Entscheidungen zu treffen“ so Kapelari. „Dass wir damit nicht so falsch liegen, beweist ja der nächste, bereits eingebrachte Antrag für ein Wildschutzgebiet im Maltatal“, ergänzt Gfreiner besorgt.
Keine Parteistellung der Öffentlichkeit als Grundproblem
Die Öffentlichkeit, in deren Interesse die alpinen Vereine letztlich handeln, hat bei der Ausweisung von Wildschutzgebieten keinerlei Parteistellung. Alpine Vereine können nur eine Stellungnahme abgeben, weitere Möglichkeiten haben sie nicht. „Eigentlich hat nur der Antragsteller Parteistellung. Genau diese Unausgewogenheit schafft bei stattgebendem Bescheid keine Möglichkeit für eine Anfechtung und Überprüfung durch die Landesregierung und lässt daher die Betroffenen, nämlich die naturliebende Allgemeinheit ohne Gelegenheit auf Überprüfung der tatsächlichen und rechtlichen Argumentation der Behörde zurück. Somit ist das demokratiepolitisch bedenkliche Phänomen gegeben, dass eine erste Instanz gleichsam endgültig entscheidet“, so Arnold Riebenbauer.
„Auch die Gemeinden können im Vorfeld nur die Öffentlichkeit aufmerksam machen und eine Stellungnahme abgeben. Gegen eine Behördenentscheidung sind auch wir machtlos“, so der Bürgermeister der Gemeinde Malta, Mag. Klaus Rüscher.
Nächster Schauplatz Maltatal?
„Wir unterstützen Ruhezonen, wenn sie wildökologisch sinnvoll sind, das ist auch unser Auftrag als Naturschutzorganisation. Voraussetzung ist aber, dass im Konsens mit allen Interessengruppen auf gleicher Augenhöhe punktuelle Lösungen entwickelt werden. Wir werden uns aber mit aller Kraft gegen den Trend stemmen, den Naturschutz zu instrumentalisieren, um großflächige Sperren durchzusetzen. Es wäre wirklich bedenklich für unsere Natur- und Erholungsräume, wenn solche Methoden Schule machten“, sagt Gfreiner.
Der Alpenverein sieht es daher als seine Pflicht, aufzuzeigen und damit dem anstehenden Konflikt im Maltatal vorzubeugen. „Was einmal durchgegangen ist, könnte wieder funktionieren, und das macht uns große Sorgen“, so der Bürgermeister der Gemeinde Malta. „Es sollte auch nicht vergessen werden, dass der Alpenverein und die Nationalparkgemeinde Malta seit Jahren versuchen, mit dem Projekt Bergsteigerdöfer im Maltatal einen nachhaltigen, ganzjährigen Tourismus zu fördern, der auch den Zielen der Alpenkonventionen verpflichtet ist. Vor allem das Eisklettern hat sich in diesem Gebiet etabliert und sich auf die Nächtigungszahlen für die Betriebe positiv niedergeschlagen. Diese Bemühungen werden mit einem Schlag massiv gefährdet,“ betont Rüscher abschließend.