Nationalrat: SteuerzahlerInnen sollen bei Bankenpleiten keine Kosten mehr tragen
Die Steuerreform war heute im Nationalrat nur der Auftakt für eine Reihe weiterer finanzpolitischer Themen von aktueller Bedeutung: Einlagensicherung, Anlegerschutz, Verwaltungsvereinfachungen für Kleinunternehmen und – einmal mehr -das Vorgehen gegen Steuerbetrug. Mehrheitlich verabschiedet wurden dazu diverse EU-Anpassungen im Finanzrecht. Ein Abkommen mit Mauritius über Informationsaustausch zu Steuersachen passierte das Plenum einstimmig.
Staatliche Einlagensicherung fällt
Mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit folgte der Nationalrat der Empfehlung des Finanzausschusses, die Einlagensicherung und Anlegerentschädigung für bestimmte Einlagen bei Kreditinstituten in einem eigenen Gesetz gemäß EU-Vorgaben neu zu regeln. Demnach haben künftig alle Banken eines EU-Mitgliedsstaats einer Einlagensicherungseinrichtung anzugehören, die bis zu 100.000 € pro Kunde und Bank sicherstellt. Geschützt sind Guthaben auf Bankkonten, Sparbüchern und Bauspareinlagen, nicht gesichert sind hingegen Einlagen von öffentlichen Institutionen, Kreditinstituten oder Versicherungen. Die bisherigen Regelungen zur Anlegerentschädigung bleiben weitgehend unverändert, die Erstattungsfrist wird allerdings von derzeit maximal 30 Tagen auf höchstens sieben Tage nach Eintritt des Sicherungsfalls verkürzt. Forderungen aus Wertpapierdienstleistungen bis zu 20.000 € werden im Falle einer Bankinsolvenz weiterhin sichergestellt. Die Finanzmarktaufsicht (FMA) erhält zusätzliche Aufsichtszuständigkeiten in Bezug auf die Sicherungseinrichtungen.
Die direkte Zahlungspflicht bzw. Haftungsübernahme des Bundes für Ansprüche zwischen 50.000 € und 100.000 € soll durch einen Einlagensicherungsfonds ersetzt werden, der mittels Beiträge der Banken bis 2024 schrittweise aufgebaut wird. Das Fondsvolumen wird dann 0,8 Prozent der gedeckten Einlagen der Kreditinstitute betragen, so der Plan. SPÖ und ÖVP beantragten zum Gesetzesentwurf Anpassungen im Gesetzestext, die mehrheitlichen Zuspruch fanden. So werden Bundeshaftungen für Kreditoptionen ermöglicht, wenn nicht ausreichend Fondsmittel zur Einlagensicherung vorhanden sind, beschrieb Hermann Lipitsch (S) eine der zahlreichen Adaptierungen. Sicherstellt wurde im Zuge der parlamentarischen Behandlung des Gesetzes zudem, dass Banken bis Ende 2018 in die Sicherheitseinrichtung eines anderen Fachverbands wechseln können, auch wenn sie selbst keinen Fachverbandswechsel vornehmen.
In der Minderheit blieben dagegen die Abänderungwünsche der Freiheitlichen. Kernforderung der FPÖ ist, dass der Staat “in letzter Instanz” bei einer Bankenpleite mit Überbrückungsfinanzierungen die Sparguthaben sicherstellen kann. Die Regierung wolle sich mit dem Wegfall der staatlichen Einlagensicherung “aus der Verantwortung stehlen”, den SparerInnen Sicherheit zu bieten, zeigte sich FPÖ-Finanzsprecher Hubert Fuchs (F) erbost, dabei übernehme Österreich horrende Haftungen für Krisenländer wie Griechenland.
Kritisiert wird von Fuchs zudem, laut Gesetzesvorlage würden institutsbezogene Sicherheitssysteme erst ab 2019 als Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungssystem anerkannt; Kreditinstitute seien dadurch gezwungen, teure Parallelstrukturen aufzubauen, obwohl bereits klar sei, dass diese Strukturen in vier Jahren wieder obsolet sein werden. Laut Vorlage will man 2019 die Einlagensicherungsfonds der Sicherungseinrichtungen von Fachverbänden in einen einheitlichen Einlagensicherungsfonds übertragen. Obwohl Werner Kogler durchaus begrüßte, dass der Finanzsektor selbst mit dem Fonds einen “Puffer” zum Schutz der SteuerzahlerInnen vor möglichen Bankenpleiten aufbauen muss, bedauerte auch er den Entfall der staatlichen Haftung für Sparguthaben bis zu 100.000 €. Seiner Ansicht nach sollte das Staatsbudget als ultimative Sicherung hier nicht aufgegeben werden.
Die einheitliche Verwaltung der Einlagensicherung, die ab 2019 zentral in der Wirtschaftskammer (WKO) verankert wird, beschrieb wiederum Andreas Zakostelsky (V) als wichtige Maßnahme, Kreditinstituten planbare und praktikable Rahmenbedingungen zu geben, um die Wirtschaft zu unterstützen. Waren bislang Spareinlagen bis 100.000 jeweils zur Hälfte von Banken und Staat gesichert, würden die Kreditinstitute künftig die komplette Haftung übernehmen – auf die SteuerzahlerInnen entfielen dadurch keine Kosten mehr. Als generelle Ziele des neuen Einlagensicherungsmodells nannte der Vorsitzende des Finanzausschusses die zeitgerechte Bedeckung von Ansprüchen finanziert aus Bankenmitteln, die Errichtung eines EU-weiten Sicherungssystems und folglich gestärktes Vertrauen der BankkundInnen. An die Finanzkrise von 2008, ausgelöst durch die Pleite der US-amerikanischen
Bank Lehman Brothers, erinnerte in diesem Zusammenhang Christoph Matznetter (S): staatliche Garantien für Sparguthaben seien damals als “Notfallmaßnahme” unabdingbar gewesen, meinte er. In weiterer Folge habe aber das System der Einlagensicherung einer Modernisierung bedurft, sodass Haftungen der SteuerzahlerInnen unnötig werden.
Die zur Umsetzung des neuen Einlagensicherungssystems notwendige Änderung im Alternativen Investmentfonds Manager-Gesetzes (AIFMG) rief die NEOS auf den Plan. In einem eigens eingebrachten Entschließungsantrag plädierte Nikolaus Alm (N) dafür, die Mindestinvestitionssumme von PrivatanlegerInnen von derzeit 100.000 € auf 30.000 € abzusenken, um so Unternehmensfinanzierungen zu erleichtern. Der Forderung schlossen sich jedoch nur die Oppositionsparteien an, weswegen der Antrag auf mehrheitliche Ablehnung stieß.
Mehr Transparenz für Anleger angestrebt
Gemeinsam mit den Grünen stimmten die Regierungsfraktionen für Änderungen im Börsegesetz, im Kapitalmarktgesetz und im Rechnungslegungs-Kontrollgesetz, die den Anlegerschutz verbessern sollen und Verwaltungsvereinfachungen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) vorsehen – beispielsweise durch den Wegfall der bisher vorgeschriebenen Quartalsberichte bei nicht am Prime Market tätigen KMU, wie Markus Vogl (S) ausführte. Weiters würden Aufsichtslücken geschlossen: habe sich bislang eine börsennotierte Gesellschaft der Aufsicht entziehen können, indem sie kein Herkunftsland angibt, werde ihr nun in einem solchen Fall ein Herkunftsstaat zugewiesen. Betriebe im Öl-, Gas-, Bergbau-, und Holzgeschäft hätten überdies staatliche Zuwendungen öffentlich auszuweisen, freute sich Vogl. Strafen bei Gesetzesverstößen würden verschärft. Insgesamt schaffe die Sammelnovelle basierend auf EU-Bestimmungen mehr Transparenz und Sicherheit für AnlegerInnen.
Auf vermehrten Anlegerschutz nach EU-Maßgaben betreffend Depotbanken, die das Vermögen von Investmentfonds verwahren, zielt auch eine mehrheitlich beschlossene Novelle zum Investmentfondsgesetz und zum Immobilienfondsgesetz ab. Aufgaben und Pflichten von Depotbanken werden im Interesse der Anleger präzisiert, vereinheitlicht und ausgeweitet. So soll die Festsetzung von Vergütungen risikoadäquat und transparent erfolgen. Wird die Verwahrung des Fondsvermögens delegiert, gelten bei Auswahl und Beauftragung von Subverwahrern künftig spezielle Sorgfaltspflichten. Ein Abänderungsantrag der Regierungsfraktionen zur Novelle präzisiert den Gesetzestext, unter anderem hinsichtlich Alternative Investmentfonds (AIF), Grunderwerbssteuer und Wertpapierleihgeschäfte.
Die FPÖ drängte in einem eigenen Abänderungsantrag “im Sinne der Praktikabilität” des Gesetzes auf eine Vereinfachung der Regelung für Einkünfte aus Spekulationsgeschäften, die nicht missbrauchsanfällig sind. Weiters rät Antragsteller Herbert Fuchs (F), bei Spezialfonds sowie AIF bis 150 AnteilinhaberInnen das Vorliegen von Spekulationseinkünften bzw. das Erfüllen der Spekulationsfrist bei jedem/r einzelnen AnteilinhaberIn gesondert zu ermitteln, um eine missbräuchliche Nutzung dieser Fonds zu verhindern. Der FPÖ-Antrag erhielt aber nicht ausreichend Zustimmung im Plenum. Um zu vermeiden, dass das Vorliegen von Spekulationseinkünften in sämtlichen Fällen bei jedem Anteilinhaber gesondert geprüft werden muss, schreibt die Regierungsvorlage eine Fiktionsverpflichtung für Fonds mit über 50 AnteilsinhaberInnen vor. Demnach gelten 30% der Veräußerungsgewinne, die der Fonds erzielt, als Spekulationseinkünfte, wenn die Anteile im Privatvermögen gehalten werden.
Informationsaustausch in Steuersachen mit Mauritius
Mauritius gilt landläufig als Steueroase, weswegen Österreich über kein Doppelbesteuerungsabkommen mit dem Inselstaat im Indischen Ozean verfügt. Der Erfüllung internationaler Standards in Sachen steuerlicher Transparenz und Amtshilfebereitschaft soll nun ein einstimmig angenommenes Informationsaustauschabkommen mit Mauritius zu Steuerangelegenheiten dienen, das entsprechende OECD-Regelungen aufgreift. “Steuerhinterziehung und Steuerflucht sind Verbrechen an der Gesellschaft”, betonte Maximilian Unterrainer (S), denn ohne Steuereinnahmen könne ein Staat beispielsweise keine sozialen Leistungen ausbezahlen. Hierzulande gingen dem Fiskus jährlich 9,7% der Steuereinnahmen durch Steuerflucht verloren, erboste er sich. “Multinationale Großkonzerne” trügen mit ihrer Praxis der Verschiebung von zu versteuernden Gewinnen viel zur Problematik bei. (Fortsetzung Nationalrat)