Der Tag der Nachbarschaft – Stoff für Zoff oder Respekt?

Nachbarschaft
Stoff für Zoff gibt es immer, wo viele Menschen zusammen leben. Doch es gibt auch ein Rezept für Respekt. Bloß wird jenes nicht in der Gerüchteküche gebraut ... | Grafik: Konzept, Idee, Montage und ©: PeterS / tw. AI generated

Eine gelebte Nachbarschaft ist wichtig für das soziale Gefüge in unserer Gesellschaft“, meint NÖ LH Mikl-Leitner. Doch wie einfach ist dieses Leben in typischen Landgemeinden? Wer webt den Stoff für den Zoff und wie könnte das Rezept für Respekt lauten?

Der Tag der Nachbarschaft

welcher stets am letzten Freitag im Mai Menschen dazu einlädt, “bewusst aufeinander zuzugehen, sollte eine wertvolle Gelegenheit bieten, Begegnungen zu schaffen und Brücken zu bauen.
Sollte. Aber ist das so?
Oder wieder nur eine sinnlose PR-Aktion im Dunstkreis des Landes NÖ?

Mit dem gewohnten kritischen Blick auf die Zeit wollen wir den “Tag der Nachbarschaft” mal anders sehen.
Immerhin hat das Team dieser Plattform für viele Autoren auch eigene Erfahrungen und so schreibt ein “natives Landei aus der Redaktion” seine Gedanken dazu auf.

Mikl-Leitner: „… eine gute Nachbarschaft lebt von Offenheit, Respekt und dem ehrlichen Interesse am Gegenüber. Daher ist es wichtig, ‚Danke‘ zu sagen. Aktiv auf Menschen zuzugehen, mit ihnen ins Gespräch zu kommen …

Entfremdung beginnt vor der eigenen Haustür

Die Kultur.Region.Niederösterreich, welche zum “Tag der Nachbarschaft” einlädt, räumt in ihrer Pressemeldung ein:

Gute Nachbarschaft ist keine Selbstverständlichkeit. Oft beginnt Entfremdung direkt vor der eigenen Haustür: mit einem misstrauischen Blick, einem unbedachten Wort oder anhaltendem Schweigen.

Stimmt. Und je kleiner ein Dorf, desto mehr regiert die dunkle Seite der schwarzen, absoluten ÖVP-Macht. Keine echte Infrastruktur, aber ein Bild der hl. Johanna von NÖ muss in jeder Gemeindestube herumhängen. Da muss man ihren Geboten und den ungeschriebenen Gesetzen ihrer irdischen Gemeindejünger doch folgen, oder?

Stoff für Zoff

… gibt es immer, wo viele Menschen zusammen leben, arbeiten.
Zwischen Stadtmenschen und Landbevölkerung gab es schon immer einige Gegensätze und diese werden so richtig sichtbar und hörbar, wenn diese Spezies im Revier des anderen zusammentreffen.

Doch auch unter seinesgleichen lässt sich trefflich streiten. Selbst jene, die im selben Boot sitzen, haben oft andere Ansichten als der Nachbar und schon rudert man in die entgegengesetzte Richtung.

Stadtmenschen: “Wir wollen nur Ruhe

Manche kleine Dörfer im weitestgehenden “Nahbereich” zu Wien verzeichnen trotz magerer Infrastruktur Zuwanderer aus der Stadt oder gar aus anderen Staaten.

So verschieden die Beweggründe sind, warum man die Stadthektik mit dem Landleben tauscht: Gemeinsam ist allen, sie “suchen Ruhe“. Jedoch klappt das nicht immer.

Als Landmensch seit Geburt kann der Autor dieses Beitrags immer wieder Stadtmenschen beobachten, welche den Lärm und die Hektik mitnehmen.
Die, welche die “Ruhe suchen” sind dann jene, welche die Umgebung ihrer neuen Heimat mit lautstarker und extrem extrovertierter Lebensart beglücken und 10 Mal pro Stunde mit dem Auto um die Reihenhäuser kurven. Scheinbar geht ihnen die Parkplatzsuche ab?

Wie empfinden die verschiedenen Menschentypen nun den abrupten Wechsel gesellschaftlicher Normen?
Es ist halt ein kultureller Schock, wenn man gewohnt war, alle Besorgungen mit wenigen Schritten zu erledigen. Arzt, Behörden usw. in Minuten erreichbar und wenn nicht, fährt alle paar Minuten ein Öffi in jede Richtung.

Landbevölkerung: In der Gerüchteküche verheizt?

So verschieden wie die Bedingungen, sind auch die davon geprägten Menschen. Oder?
Nein, nicht unbedingt. Die Realität zeigt, dass es auch zwischen den Eingeborenen eines Dorfes ordentlich krachen kann!

Da sitzen sie alle im selben Boot: Bauern, Handwerker, Angestellte, Gewerbetreibende usw. Alle mit den gleichen Problemen einer dürftigen Infrastruktur und chronischem Geldmangel in der Gemeindekasse belastet und doch gibt es untereinander und gegeneinander Zoff. Warum?

So wie sich die Frage “wie einfach das Leben in typischen Landgemeinden ist?” nicht wirklich umfassend beantworten lässt – so bleibt auch die Frage nach den Wurzeln des Konflikts offen.

Ein beliebtes Mittel am Land ist das gemeinschaftliche Anheizen der Gerüchteküche. Hier finden sich schnell alle zusammen, die offiziell “so gut zusammenhalten” und formieren sich gegen “Einzelgänger”. Also alle, die nicht die Lebensart zwischen Brauchtumsverein und Festzeltkultur bis zum Umfallen am Tresen zelebrieren.

Nachbarschaft
Das Rezept für Respekt wird nicht in der Gerüchteküche gebraut! | Grafik: Konzept, Idee, Montage und ©: PeterS / tw. AI generated

Zum Frieden braucht es zwei, zum Krieg reicht einer!

… ist ein Zitat, dessen Quelle ich gerade nicht finde. Aber wer auch immer es erstmals formulierte, hatte recht.

Rezept für Respekt

Die Zutaten sind bloß die Erkenntnis, dass nicht alle anderen als man selbst “auf der Nudelsuppe daher geschwommen sind” und eine Prise Achtung vor der Leistung und Lebensart anderer. Es steckt oft viel mehr hinter den Beweggründen des Nachbarn als man ahnen kann, jeder hat seine individuelle Geschichte, die man nicht unbedingt kennen und goutieren muss.

Aber Obacht: Dieses Rezept lässt sich nicht in der besagten Gerüchteküche nachkochen, gell.

Denn eventuell sollten sich die Konfliktparteien eines Tages nicht mehr fragen: “Wer hat mit der Aggression angefangen und ist somit automatisch im Unrecht?” sondern: “Wer kann dennoch damit beginnen, den Konflikt von sich aus zu beenden?

Tausende “Einzelfälle”

Viele Fälle, die uns zugetragen werden oder selber erlebten, zeugen aber davon, dass das scheinbar nicht klappt.
Die einen beenden einseitig alle eventuellen Aktionen – doch die anderen machen weiter, heizen Konflikte stets auf neue an.

Besonders jene alteingesessenen Bürger, welche die erwähnte dunkle Seite der örtlichen Macht hinter sich wissen, sind sehr kreativ, wenn es um die Erfindung von Gerüchten geht. Diese Leute haben trotz ihres enormen Fleißes (“arbeiten 23 Stunden am Tag“) Zeit genug, um Stoff für Zoff zu konstruieren.

Lässt sich jemand deren Aggressionen nicht gefallen, so wird auch mal zu den Mistgabeln gegriffen und die schuldigen Autoreifen des gegnerischen Fahrzeugs erstochen. Diese hauchen ihr luftiges Leben aus und wer dann damit landestypische 50 km zum nächsten Termin müsste – dem bleibt der Atem weg.

Darunter kann man doch mal einen Schlussstrich ziehen, oder?

Besonders am Tag der Nachbarschaft und allen 364 anderen Tagen des Jahres sollte man darüber nachdenken.
Wie auch immer: Ich schaue nach diesen Zeilen nachdenklich aus dem Fenster (sofern das vonseiten der Nachbarn okay ist und auch wenn nicht) und beobachte, ob sich nun alle in die Arme fallen …