Kontroverse Budgetdebatte: Solider Voranschlag oder Stillstand?
Wie sehen sie das Budget 2016?
Opposition sieht Reformstillstand, Koalitionsparteien begrüßen Entlastungen der BürgerInnen
Im weiteren Verlauf der Nationalratsdebatte über das Bundesfinanzgesetz 2016 bekräftigten sowohl die VertreterInnen der Regierungsparteien als auch der Opposition ihre Zustimmung bzw. Ablehnung zum Budgetvorschlag von Minister Schelling. Die SPÖ trat dafür ein, dass der mit der Steuerreform eingeschlagene Weg -Entlastung des Faktors Arbeit und Belastung von Vermögen und Kapital -, weiter fortgesetzt werden soll. Zusätzliche Maßnahmen seien bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit notwendig. “Wir dürfen uns auf den Lorbeeren der Steuerreform nicht ausruhen, meinten auch die ÖVP-VertreterInnen, die u.a. für eine rasche Lohnnebenkostensenkung sowie für die Abschaffung der kalten Progression plädierten.
Die VertreterInnen der Opposition beklagten vor allem, dass die Budgetrede von Schelling primär aus Ankündigungen bestand und nichts Neues enthalte habe. Die FPÖ sprach von einer “Märchenstunde” des Finanzministers, da die zahlreichen Abgabenerhöhungen und die kalte Progression dazu führen würden, dass von der Steuerreform unterm Strich nichts übrig bleibt. Die Grünen orteten einen Reformstillstand in vielen Bereichen und bezweifelten, dass die Gegenfinanzierung auf soliden Beinen steht. Aus Sicht der NEOS stellt das Budget 2016 eine Fortsetzung der bisherigen Schuldenpolitik dar, echte strukturelle Änderungen auf der Ausgabenseite fehlen. Die Regierung negiert die wesentlichen Probleme, urteilte das Team Stronach, und reagiere nicht entsprechend auf die demographische Entwicklung, den ständig steigenden Schuldenberg und die Pensionsproblematik.
SPÖ: Besteuerung von Vermögen und Kapital sowie Bekämpfung der Arbeitslosigkeit
Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) erinnerte eingangs daran, dass aufgrund des neuen Haushaltsrechts die wesentlichen Budgetkennzahlen bereits seit Mai bekannt sind. Deshalb könne man dem Finanzminister auch nicht vorwerfen, dass seine Budgetrede “ein bisschen fad” war. Krainer war grundsätzlich überzeugt davon, dass mit der Steuerreform der richtige Weg eingeschlagen wurde, auch wenn es aus SPÖ-Sicht noch Nachholbedarf bei den Steuern auf Vermögen und Kapital gebe. In diesem Zusammenhang betonte sein Fraktionskollege Wolfgang Katzian die Bedeutung der Sozialpartnerschaft, die noch immer Garant dafür sei, dass Lösungen gefunden werden, bei denen niemand auf der Strecke bleibt.
Noch mehr Engagement wünschte sich Krainer bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit; er hoffe, dass noch heuer wichtige Akzente gesetzt werden. Eine Lösung erwarte er sich auch in Bezug auf die “strukturelle Unterbudgetierung der Personalkosten” im Bildungsressort. Positiv bewertete er hingegen die Investitionen in Zukunftsbereiche, wie etwa Bildung, Forschung und Entwicklung sowie in den Breitbandausbau im ländlichen Raum.
ÖVP für effizienteren Mitteleinsatz beim AMS und im Bildungsbereich
Auch ÖVP-Mandatarin Gabriele Tamandl räumte ein, dass die Eckdaten des Finanzrahmens bis 2019 bereits seit Mai bekannt sind. Allerdings gebe es aktuell große Herausforderungen, die schwer planbar seien, wie etwa die Entwicklungen am Arbeitsmarkt oder “die Flüchtlingswelle, die Österreich und Europa überrollt”. Ebenso wie Krainer hob Tamandl die positiven Auswirkungen der Steuerreform hervor, durch die jedem Bürger durchschnittlich 1.000 € pro Jahr mehr übrig bleiben werden. Dass man sich auf dem Erreichten nicht ausruhen dürfe, sei klar, betonte die Rednerin, die sich u.a. für eine rasche Lohnnebenkostensenkung und die Abschaffung der kalten Progression aussprach. Solide Staatsfinanzen sind eine unverzichtbare Grundlage für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung und für soziale Stabilität, betonte auch Jakob Auer (V). Ein wichtiges Anliegen der ÖVP sei auch der effiziente Mitteleinsatz, der in einigen Bereichen -wie etwa beim AMS – nicht immer gegeben sei, urteilte Tamandl.
FPÖ: Steuerreform wird durch unternehmerfeindliche Maßnahmen gegenfinanziert
Einen sehr kritischen Blick warf Abgeordneter Herbert Fuchs (F) auf die Steuerreform. So sei es etwa nicht richtig, dass jedem Bürger 1.000 € mehr in der Geldbörse bleiben werden. Davon müssen nämlich noch die zahlreichen neuen Belastungen, die sich etwa durch die Erhöhung der Kapitalertragssteuer, der Immobilienertragssteuer, der Umsatzsteuer u.v.m. ergeben, abgezogen werden. Unterm Strich bleibe dann nichts mehr übrig, rechnete Fuchs vor. Die ständig angeführten 5 Mrd. €, die die Steuerzahler ab 2016 erhalten sollen, decken zudem nur jenen Betrag ab, der den Bürgern seit 2009 durch die kalte Progression “rechtswidrig weggenommen” wurde. Kritik übte Fuchs auch an der Registrierkassenpflicht, mit der die Unternehmen “gepflanzt” werden. Äußerst bedauerlich sei zudem, dass die Gegenfinanzierung der Steuerreform nicht durch Einsparungen erfolge, sondern durch Steuererhöhungen und Neuverschuldung. Schelling habe zwar in seiner Budgetrede auf zahlreiche Missstände hingewiesen – zu hohe Abgabenquote und Lohnnebenkosten, überbordende Bürokratie etc. -, dagegen unternommen werde aber seit Jahren nichts, beklagte Bernhard Themessl (F), der von einer Bankrotterklärung der Bundesregierung sprach.
Grüne beklagen Reformstillstand und unsichere Gegenfinanzierung der Steuerreform
Abgeordneter Bruno Rossmann von den Grünen bezeichnete die Steuerreform als bloße Tarifentlastung, zumal echte Strukturänderungen nicht angegangen wurden. Hätte man endlich einmal den Mut aufgebracht, eine ökosoziale Steuerreform inklusive einer Erbschaftssteuer umzusetzen, dann stünde man heute nicht vor dem Problem einer komplett unsicheren Gegenfinanzierung. Schelling sei zwar ambitioniert an den Start gegangen, mittlerweile gehe ihm aber wohl die Luft aus, meinte Werner Kogler (G), da er auf Bundes- und vor allem auf Länderebene von den eigenen Leuten zurückgehalten bzw. sogar torpediert werde. Dies führe zu einer Fortsetzung des Reformstillstands in vielen Bereichen, wie etwa der Gesundheit, der Bildung, den Wirtschaftsförderungen oder beim Föderalismus.
Was die Forderung von Tamandl bezüglich des effizienteren Mitteleinsatzes im Bildungsbereich betrifft, so gab Rossmann zu bedenken, dass es gerade die ÖVP ist, die immer wieder eine Reform im Bereich der Schulorganisation verhindere. Damit verleugne man auch die Tatsache, dass dieser Sektor seit Jahren Zeit strukturell unterfinanziert ist. Bei den neuen Budgetregeln für Länder und Gemeinden gebe es zwar gewisse Fortschritte, räumte Rossmann ein, aber leider sei man auf halbem Wege stehen geblieben. Wichtige Bereiche, wie etwa die mittelfristige Budgetplanung, blieben ausgeklammert. Er wundere sich auch, warum die Sozialdemokraten zugelassen haben, dass Maßnahmen gegen die steigenden Arbeitslosigkeit weitgehend fehlen.
NEOS fordern ein Ende der Schuldenpolitik und echte Reformen auf der Ausgabenseite
Seit 1962 hat es keine österreichische Bundesregierung mehr geschafft, ein ausgeglichenes Budget vorzulegen, zeigte NEOS-Mandatar Rainer Hable (N) auf. Obwohl Österreich in vielen Rankings immer schlechter abschneide, werde die bisherige Schuldenpolitik weiter fortgesetzt. Die NEOS haben immer wieder gefordert, die völlig außer Kontrolle geratenen Ausgaben des Staates einzudämmen, wobei man vor allem bei den Frühpensionen, dem Föderalismus, den Förderungen, der Gesundheitsverwaltung und der Bürokratie ansetzen müsse. Dadurch könnten insgesamt 19 Mrd. € über einen Zeitraum von acht Jahren eingespart und ein Spielraum für eine echte Steuer- und Abgabenentlastung geschaffen werden, rechnete er vor. Sein Fraktionskollege Christoph Vavrik thematisierte vor allem “die riesigen Herausforderungen”, die durch das Flüchtlingsproblem auf Österreich noch zukommen werden. Seiner Meinung nach sollte man vor allem in internationale Projekte investieren, die in den Herkunfts-und Erstaufnahmeländern der Menschen durchgeführt werden; hier sei Österreich säumig.