Scharfer Protest des Redakteursrates gegen fragwürdige Entlassung.
Vor einigen Tagen wurde die Entlassung eines ORF-Radioredakteurs öffentlich bekannt – angeblich wegen Betretens der „Isolationszone“ im Landesstudio Vorarlberg.
Betroffen ist ein langjähriger Kulturredakteur, der sich in seiner Funktion als gewählter Redakteurssprecher für den Erhalt der Kultursendung auf Radio Vorarlberg stark gemacht hat. Damit hat er sich den Unmut des verantwortlichen Landesdirektors Markus Klement zugezogen.
Die Vorgeschichte: Am 25. März hat der Kollege seine Kultur-Sendung für Radio Vorarlberg live moderiert. Um seine Dienstpflicht zu erfüllen, musste er das Radio-Studio betreten. Es wurde weder ihm noch anderen Person aus der Kulturredaktion kommuniziert, wie die Sendung abgewickelt werden soll, ohne dafür das Studio zu betreten. Er hat nichts anderes getan, als sein Kollege am Vortag unter denselben Corona-Sicherheitsvorgaben: nämlich die Sendung vom üblichen Sendeplatz aus abzuwickeln. Allerdings mit ganz anderen Folgen: er wurde fristlos entlassen.
Diese Maßnahme, ohne vorherige Verwarnung oder Hinweis auf Konsequenzen, ist aus Sicht des Redakteursrates völlig überzogen und wird scharf kritisiert. Es ist nahe liegend, dass es sich hier um eine Racheaktion für einen unbequemen, mutigen Belegschaftsvertreter handelt. Das wäre dann eine verbotene Motivkündigung, über die das Arbeitsgericht jetzt entscheiden muss. ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz wurde über die fragwürdigen Umstände der Entlassung am 30. März informiert – allerdings ohne Reaktion.
Offenbar soll in diesem Fall ein Exempel an einem engagierten Belegschaftsvertreter statuiert werden. Denn wer wird sich noch für die Anliegen der Redaktionen einsetzen, wenn dann in ganz anderem Zusammenhang Gründe für eine Entlassung derart konstruiert werden? Dieses Vorgehen erzeugt Verunsicherung und Einschüchterung, und wie soll eine Belegschaftsvertretung ihren Aufgaben nachkommen, wenn als Folge aus nicht nachvollziehbarem Grund der Jobverlust droht?
Die Folgen für den betroffenen Redakteur sind jedenfalls gravierend – er hat bis zu einer gegenteiligen Entscheidung des Arbeitsgerichtes seinen Arbeitsplatz verloren, mit allen beruflichen und finanziellen Folgen.
Aus Sicht der Redakteursvertretung handelt es sich hier nicht nur um eine fragwürdige Entscheidung im Einzelfall, sondern um eine mit möglichen weitreichenden Folgen:
Werden nämlich mit fadenscheinigen Begründungen willkürliche Entlassungen ausgesprochen, so erzeugt dies ein Klima der Angst. Damit wird die erforderliche Freiheit der journalistischen Tätigkeit schwer beeinträchtigt.
Der Redakteursrat
Dieter Bornemann, Margit Schuschou, Peter Daser
Quelle
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