Pauschalierung für Kleinunternehmer: Steuerzuckerl oder Bumerang?

Amtschimmel
Der Amtsschimmel vor dem Finanzamt | © (Mon.) Zeit im Blick

2018 versprach ein Ex-Finanzminister “bürokratische Entlastungen für Kleinunternehmer”.
2019 wurde ua. eine Pauschalierung der Betriebsausgaben beschlossen, was letztendlich zum Wegfall der Steuererklärung führen würde. Dieser und weitere Aspekte der Steuerreform treten ab 01.01.2020 in Kraft – doch ist diese Idee vielleicht gar eine Falle für EPU´s?

Der Artikel wird sich hauptsächlich auf diesen einen Punkt “Pauschalierung für Kleinunternehmer” konzentrieren, ua. weil dessen Regeln in wenigen Tagen wirksam werden. Das gesamte Paket besteht natürlich auch noch viel mehr Maßnahmen, auch für unselbständige. Teile der Reform werden auch erst in den kommenden Jahren aktiv.

Die Grundidee

Hartwig Löger formulierte es im trend Interview (August 2018) so: “Ich könnte mir vorstellen, dass Kleinunternehmen, die künftig die Pauschalierung in Anspruch nehmen, im Wesentlichen nur mehr den Umsatz deklarieren und ansonsten keine Angaben mehr machen müssen. Das wäre gleichzusetzen mit dem Wegfall der Steuererklärung für Kleinunternehmen.
Das hört sich ja erstmal gut an und wider Erwarten wurde diese Idee etwa ein Jahr später, im September 2019 so beschlossen.

Umsatzgrenze für Kleinunternehmer erhöht

Ebenso wurde die angedachte Erhöhung der Umsatzgrenze für Kleinunternehmer von dzt. 30.000 € pa. auf 35.000 € pa. beschlossen.
Diese unechte Steuerbefreiung nennt das Finanzamt “Kleinunternehmerregelung”. Dh.: Auf Rechnungen, die man von einem Kleinunternehmer erhält, steht normalerweise keine Mwst. drauf, Brutto = Netto.

Anm.: Der Unternehmer kann sich uU. aber trotzdem eine Ust-Id lösen, Mwst. ausweisen und ist fortan auch Vorsteuerabzugsberechtigt. Wer mehr wissen will: hier die Info-Seite des Finanzamtes.

Das Pauschalierungsmodell

… basiert auf einem Konzept der WK Wien und daher holten wir uns auch von denen eine Erklärung dazu:
Bei der pauschalen Gewinnermittlung geht es um eine erhebliche administrative Entlastung von Unternehmern mit wenig Umsatz. Sie ersparen sich, mühsame Einzelaufzeichnungen finanzamtsgerecht zu führen. Eine Steuererklärung im vollen Umfang, ein Anlagenverzeichnis und ein Wareneingangsbuch wären dann nicht mehr zwingend.
WK Wien-Präsident Ruck: “Ziel der WK Wien ist, für Kleinunternehmer in weiterer Folge eine antragslose Veranlagung zu erreichen, wie es diese bei Arbeitnehmern bereits gibt.

Wir fassen zusammen:

  1. Kleinunternehmer brauchen ab 2020 nur mehr den Umsatz und die Branche deklarieren – das wars.
  2. Wer auch noch von der Umsatzsteuerbefreiung Gebrauch macht, muss eigentlich gar nichts mehr tun. (gilt für die meisten KU)
  3. Alles regelt ab nun das Finanzamt …

Ab hier liegt der Hase im Pfeffer – denn was passierte jährlich hunderttausenden EPU´s und sonstigen Steuerschuldnern die zu spät oder gar keine Einkommenserklärung abgeben? Richtig: Sie werden eingeschätzt.

Jene Schätzung der Finanzbeamten liegt aber in vielen Fällen weit über dem tatsächlichen Umsatz und die Annahme der Ausgaben liegt im minimalsten Bereich. Daher flattern den bequemen Steuerpflichtigen saftige Nachzahlungen ins Büro. Die dann noch Folgen haben – zB. bei der Ermittlung der Sozialversicherungsbeiträge wird die Anstalt dann auch auf höhere Grundlagen kommen, diese nachfordern … usw.

Abgabefrist ade – gut oder?

Und nun soll diese Einschätzung eine gesetzlich noch tiefer einzementierte Methode zur Ermittlung der Einkommensteuer werden?
Wer sich also ab Jänner 2020 auf die “Experten” der Kammer und des Finanzamtes verlässt – ist möglicherweise naiv. Bisher nagte am kleinsten Selbständigen immer die Frist: “ach ich muss ja bis … diesen Kram abgeben, sonst flattern wieder die freundlichen Briefe mit Strafbescheide herein!

Nun ist diese “Bequemlichkeit” verankert, man dürfte also keine Mahnungen mehr kriegen? Wir werden sehen, ob diese Neuregelung bis in letzte Finanzamt durchdringt. Sicher wird der/die Steuerpflichtige nun einen automatischen Bescheid ausfassen – der einen vielleicht die Fassung verlieren lässt.

Wie ermitteln die nun die Einkommenssteuer?

Wer wenigstens den Umsatz angibt, ist schon mal vor dessen Einschätzung sicher – doch wie ermittelt das Finanzamt nun die tatsächliche Einkommenssteuer?
Hier hat man folgende Regelungen festgelegt:

Die Betriebsausgaben werden mit folgenden Prozentsätzen der Betriebseinnahmen pauschaliert: 45 % bei Handelsunternehmen und Produktionsbetrieben bzw. 20 % bei Dienstleistungsunternehmen. Bei Mischbetrieben richtet sich das Pauschale nach dem höheren Umsatz.” schreibt die Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung und Unternehmensberatung tpa-group.at.

Eigene Entscheidung weiterhin ratsam

Ob diese Sätze nun für das Jahr besser sind als die Abgabe eigener Daten, muss der Kleinunternehmer also weiterhin selbst entscheiden.
Und genau da ist das Problem: Alle EPU’s die ich kenne, werden sich nun verstärkt der eigentlichen Arbeit widmen und das Finanzamt entscheiden lassen, was für sie gut ist. Und das ist nie gut.