Auto im Hochwasser – was nun?

So erkennt man, was nach dem Hochwasser am Kfz überprüft werden sollte

Auto und Hochwasser
Manche echte Fahrzeuge fühlen sich hier erst wohl | Foto: PeterS

Wir sahen so viele Autos in den dreckigen Fluten stehen oder gar schwimmen. Und ist die Karre wieder mal so halbwegs freigelegt, einfach mal mit dem Dampfstrahler waschen und mal schauen, ob er anspringt. Oder?
NEIN! Der ÖAMTC sagt: Vorsicht bei der Inbetriebnahme des Fahrzeuges nach Hochwasserschäden!

Die vom Hochwasser betroffenen Gebiete sind vielerorts nach wie vor im Ausnahmezustand. Wir wollen in dem Zusammenhang eines der wichtigsten Güter betrachten: das Auto. Die Mobilität danach ist sehr wichtig, immerhin müssen nach so einem Ereignis viele Dinge neu besorgt werden – sofern man sie bekommt.

Noch ein Auto oder schon ein Geländewagen?

Als Fan jener robusten Fahrzeugklassen, welche von allen so verteufelt werden, erlaube ich mir ein paar Bemerkungen zu deren Vorteilen.
Die “echten” Fahrzeuge (kein Schickimicki SUV, gell) sind Schlamm, Wasser, Geröll gewohnt, mit einem richtigen Geländewagen kann man sich und anderen auch in Extremsituationen helfen. Eine Watttiefe von einem Meter ist nicht selten und die sonstigen Attribute dieser Fahrzeugklassen erhöhen die Sicherheit weiter.

Jedenfalls vertragen diese wahren Fortbewegungsmittel eine Menge mehr als gewöhnliche Autos – für die diese beiden folgenden Ratgeber verfasst wurden.
Aber: Auch ein echter Geländewagen will gewartet, gehegt und gepflegt werden, braucht zeitweise auch eine Werkstatt!

 

Das Auto keinesfalls selbst starten, wenn es unter Wasser war!

Wie man richtig reagiert, wenn das Auto unter Wasser war, erklären die ÖAMTC-Experten: “Wenn der Motorraum mit Wasser in Kontakt gekommen ist, muss aus Sicherheitsgründen eine Abschleppung erfolgen”, hält ÖAMTC-Techniker Steffan Kerbl fest.Wenn sich Wasser im Zylinder befindet, kann bei einem Startversuch der sogenannte ‘Wasserschlag’ auftreten, ein Motorschaden kann die Folge sein.

Sand und Wasser im Fahrzeuginneren können Schäden an Fahrwerk und Bremsen auslösen, die sich eventuell erst Monate nach dem Unglück zeigen.
Eine Überprüfung des Bremssystems durch einen Fachmann ist also dringend anzuraten. Generell raten die Experten des Mobilitätsclubs allen Betroffenen in den Hochwasser-Gebieten, ihr Fahrzeug keinesfalls selbst in Betrieb zu nehmen, sondern bei der ÖAMTC-Pannenhilfe anzurufen.

So erkennt man, was nach dem Hochwasser am Kfz überprüft werden sollte

* Ist die Wasserlinie unterhalb der Felgenmitte, sind in der Regel keine Funktionsprobleme zu erwarten. In diesem Fall sind alle beweglichen Teile sowie die elektrischen Installationen noch über der Wasserlinie. “Nur die Traggelenke und Spurstangengelenke sollten überprüft und gegebenenfalls getauscht werden“, rät der ÖAMTC-Techniker.

* Wenn die Wasserlinie über der Radmitte liegt, sind bereits Radlager und Antriebswellen betroffen. Wenn das Fahrzeug diesen Bedingungen über mehrere Stunden oder sogar Tage ausgesetzt ist, dringt Wasser in die Lager und Gelenke ein. “Dort bleibt es leider auch nach Absinken des Wasserspiegels“, sagt Kerbl. Ebenfalls betroffen ist der Auspuff, der durch das Wasser korrodieren kann.

* Steigt der Wasserspiegel über die Türunterkante, dringt Wasser in den Innenraum und in die Hohlräume der Karosserie ein. So können tiefer liegende Teile der Elektrik Schaden nehmen. “Ein Werkstattaufenthalt ist unausweichlich“, so der ÖAMTC-Experte.

* Ist die Motorhaube unter der Wasserlinie, dringt auch Wasser in den Ansaugtrakt des Motors und über den Auspuff bis zu den Auslassventilen. Ein Starten des Motors, so der Starter überhaupt noch funktioniert, muss auch nach Sinken des Wasserniveaus unterlassen werden. Fahrzeuge, die mehrere Stunden derart tief im Wasser waren, müssen anschließend gründlich in einer Fachwerkstatt trockengelegt werden. Bei Fahrzeugen älteren Datums kommen die Reparaturkosten einem Totalschaden gleich.


Was tun bei Fahrzeugschäden durch Hochwasser – wann man mit Ersatz rechnen kann

Versicherungsleistungen und Selbstbehalte prüfen – Schäden unverzüglich melden

Die schweren Unwetter der vergangenen Tage haben in weiten Teilen Österreichs zu Überflutungen und damit u. a. auch zu Schäden an vielen Fahrzeugen geführt. Ob die jeweilige Versicherung den Schaden übernimmt, lässt sich anhand der Polizze überprüfen. “Schäden durch Naturgewalten werden bei Kfz in der Regel durch eine Voll- oder Teilkaskoversicherung gedeckt. Die Versicherung übernimmt die Reparaturkosten und auch die Abschleppkosten zur nächstgelegenen geeigneten Werkstatt“, erklärt ÖAMTC-Chefjurist Martin Hoffer.

Wichtig für die Kostenübernahme durch die Versicherung ist allerdings die richtige Vorgehensweise: “Die Schadensmeldung sollte unverzüglich erfolgen. Von Vorteil ist eine Dokumentation mit Fotos, vor allem mit allen Details der Schäden“, weiß der Experte des Mobilitätsclubs. “Ist jemand anderer für den Schaden verantwortlich, empfiehlt es sich, Zeugen namhaft zu machen.”

Je nach vertraglicher Regelung und Versicherungsanbieter sind auch Selbstbehalte möglich. War das Auto an einer gefährdeten Stelle, z. B. unter einem offensichtlich morschen Baum geparkt, könnte die Versicherung die Auszahlung wegen grober Fahrlässigkeit verweigern. Wenn man vom Unwetter überrascht wurde oder das Fahrzeug nach bestem Wissen und Gewissen nicht aus der Gefahrenzone entfernen konnte, verhält es sich jedoch anders. Ein Totalschaden ist speziell bei älteren Fahrzeugen ärgerlich, weil im Regelfall maximal der Zeitwert ersetzt wird.

Haftpflichtversicherung allein hilft bei Unwetter nicht

Wer nur eine Haftpflichtversicherung hat, bekommt bei einem Unwetterschaden kein Geld “, stellt der ÖAMTC-Jurist klar. Anders, wenn der Schaden durch einen Dritten verursacht wurde: Entsteht am Fahrzeug etwa ein Schaden durch Bäume am Straßenrand, haftet der Straßenerhalter (Bundesland oder Gemeinde). Dazu muss aber der Geschädigte dem Straßenerhalter eine grobe Fahrlässigkeit, also zum Beispiel grobe Versäumnisse bei der Absicherung einer Hochwasserstelle, nachweisen. Betreiber mautpflichtiger Autobahnen und Vermieter kostenpflichtiger Parkplätze haften bereits für leichte Fahrlässigkeit.

Übrigens: Entstehen durch ein Unwetter Schäden am Fahrrad oder E-Bike, sind diese normalerweise durch die Haushaltsversicherung gedeckt. Immer muss man aber selbst aufmerksam sein. Wer eigene Schäden fahrlässig herbeiführt, wird sich ein erhebliches Mitverschulden vorhalten lassen müssen.

Zeigt sich die Versicherung nach der Meldung mit der Schadenabwicklung zurückhaltend, können sich ÖAMTC-Mitglieder an die Juristen des Mobilitätsclubs wenden, Kontakt unter www.oeamtc.at/rechtsberatung.