Rede von Nationalratspräsidentin Doris Bures beim Staatsakt “Geste der Verantwortung”

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Verantwortung, ein Wort, es lässt sich vielleicht leicht aussprechen, doch welche Taten werden dieser Verantwortung folgen.

Die Worte von Frau Doris Bures wollen wir trotzdem festhalten.
Und trotz allem, ja zum Leben sagen.

Bures: Staatsakt kann und soll keinen Schlussstrich unter offene Diskussionen und unter die Aufarbeitung setzen

Zeit im Blick: Es muss eine ewige Mahnung sein, ein ewiges Wachrütteln, es darf nie vergessen werden, was geschehen ist, was aber auch weiterhin geschieht.

Auf Initiative von Nationalratspräsidentin Doris Bures fand heute, am 17. November 2016, ein Staatsakt im Parlament statt. Das offizielle Österreich und die Kirche wollen mit dieser “Geste der Verantwortung” zum Ausdruck bringen, dass die Republik das unfassbare Leid von ehemaligen Heimkindern, die in der Zweiten Republik schweres Unrecht erlitten haben, mitsamt seiner lebenslangen Konsequenzen anerkennt und Lehren daraus gezogen hat. Republik und Kirche kommen damit einer langjährigen Forderung der Betroffenen nach.

Die Rede von Nationalratspräsidentin Doris Bures im Wortlaut:

– Es gilt das gesprochene Wort –

Manchmal sucht man nach Worten, aber man findet nur Tränen. Diese Sprachlosigkeit müssen wir heute überwinden, um zu benennen, was tausende junge Menschen in unserer Obhut erleiden mussten. Über Jahrzehnte hinweg, inmitten unserer Gesellschaft, inmitten unserer Republik.

Zeit im Blick: Die Regierung spricht in der Vergangenheit, doch es ist auch heute in vielen Fällen ein stummer Hilfeschrei da. Gerade jetzt können viele vielleicht nicht einmal mehr sitzen vor Schlägen und Tritten des anderen. Vielleicht eines Vertrauten?

Es waren Kinder. Kinder die nicht auf der Sonnenseite ins Leben starten konnten. Sie wurden aus ihren Familien gerissen und fanden sich in Heimen der öffentlichen Hand oder der Kirche wieder.

Dort hätten sie – wie alle Kinder – Fürsorge und Liebe, Schutz und Geborgenheit gebraucht. Aber sie haben Gewalt und Missbrauch, Demütigung, Gleichgültigkeit, Kälte und Einsamkeit erfahren. Hilfe wurde ihnen nur selten zuteil, die Kontrolle versagte, das kollektive Wegschauen hatte System.

Zeit im Blick: Das System hat Schatten und Dunkelheit, dies muss sich ändern. Es beginnt nicht nur beim Jugendamt, es beginnt bei der Justiz und endet mit dem Richterspruch.

Vielen Kindern wurden tiefste körperliche und seelische Wunden geschlagen, sie wurden ihrer Würde beraubt. Und vielen wurde nicht nur die Kindheit genommen, sondern auch die Chance auf ein unbeschwertes und selbstbestimmtes Leben. Denn frühe Jahre in Dunkelheit werfen oftmals einen lebenslangen Schatten.

Zeit im Blick: es müsste heißen, vielen Kindern und Jugendlichen werden weiterhin tiefste körperliche und seelische Wunden zugefügt! Sie werden von ihren eigenen Vätern und Müttern geschlagen, missbraucht, misshandelt. Ihre Hilfeschreie werden nicht gehört. Denen sie vertrauen, die misshandeln und missbrauchen sie oft wieder.

Wer die Zeilen von Frau Bures liest, kann aber feststellen wie weltfremd diese Politik weiterhin ist. Selbst beweihräuchernd obendrein. Doch was wird aus den Opfern? Viele von ihnen sind obdachlos, oder schwer krank, oder beides. Wann findet ihr Körper, Geist, Seele Frieden? Wann lässt man sie Frieden finden?

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