So wie derzeit Schwarz-Grün beschäftigen sich Koalitionsverhandler vor allem damit, wie sie ihre Interessen durchbringen könnten.
Und vergessen dabei gänzlich, was den Tirolern tatsächlich unter den Nägeln brennt: nämlich leistbares Wohnen.
Koalitionsverhandlungen sind Rituale, schließlich soll ja nicht der Eindruck entstehen, es sei ohnehin schon alles vor der Landtagswahl ausgemauschelt worden. Aber unabhängig davon, welche Zukunftsprogramme und neuen Gesichter schlussendlich mit dem Koalitionspakt präsentiert werden: In den aktuellen schwarz-grünen Regierungsgesprächen geht es insbesondere darum, dass sowohl ÖVP als auch Grüne auf ihre eigene Klientel Rücksicht nehmen und für sie verhandeln. Daraus entstehen dann die viel zitierten Knackpunkte, die es immer noch auszuräumen gilt. Die Touristiker wollen ihre Skigebiete, die Wirtschaftstreibenden schnellere Verfahren und die Bauern weniger Naturschutz sowie gleichbleibende Förderungen. Die Grünen positionieren sich wiederum als Umwelt-Fighter und fordern mehr Schutzgebiete, kraftwerksfreie Zone am Inn inklusive. Vielleicht verstauen Schwarze und Grüne am heutigen Josefitag einmal ihre Partikularinteressen in den Schubladen ihrer Parteizentralen und denken ausnahmsweise an die Interessen der Gesamt-Bevölkerung. Was brennt den Tirolern am meisten unter den Nägeln, zumal der heilige Josef nicht nur der Schutzpatron der Arbeiter, sondern auch vom Land Tirol ist? Dabei wird es den politischen Chefverhandlern wohl wie Schuppen von den Augen fallen, was die wahren Herausforderungen für die Zukunft sind: Denn wer kann sich das Land noch leisten, wann bringt die künftige Landesregierung endlich einen gewichtigen und nachhaltigen Beitrag für leistbares Wohnen in Tirol zustande?
Allein in Innsbruck sind die Mieten im Vorjahr wieder um 2,8 Prozent gestiegen, bis zu 16 Euro pro Quadratmeter werden mittlerweile in der Landeshauptstadt verlangt. Andererseits wird der Traum von den eigenen bzw. gemieteten vier Wänden für viele Jungfamilien zum Albtraum. Weil vielerorts bereits die Hälfte des Gehalts für das Grundbedürfnis Wohnen aufgewendet werden muss, reicht das Einkommen zum Auskommen oft nicht mehr aus. Doch seit Jahren nimmt die Politik achselzuckend Immobilienspekulation und explodierende Grundstückskosten in Kauf. Die Baulandmobilisierung gelingt mehr recht als schlecht, nach wie vor sind 3000 Hektar gewidmetes Bauland unverbaut. Und obwohl die (illegalen) Freizeitwohnsitze die Immobilienpreise weiter in die Höhe treiben, hat der ÖVP-Bauernbund seinerzeit sogar Freizeitwohnsitze auf Bauernhöfen durchgedrückt. Das ist Klientelpolitik in Reinkultur. So gesehen kommt der heutige Josefitag während der Regierungsgespräche gerade recht.
Quelle
Link zum Originalartikel, bzw. zur Quelle des hier zitierten, adaptierten bzw. referenzierten Artikels (Keine Haftung bez. § 17 ECG)