In Europa rauchen immer weniger Menschen herkömmliche Zigaretten, gleichzeitig steigt die Zahl der Konsumenten von E-Zigaretten. Seit zirka zehn Jahren auf dem Markt, erobern die Heat Sticks immer eine breitere Kundschaft. Viele von ihnen bezeichnen sich nicht als Raucher. In einer E-Zigarette findet nämlich keine Verbrennung, sondern eine Verdampfung statt, der nikotinhaltige Nassdampf wird von den Nutzern eingeatmet. Dadurch fällt der Hauptteil der 90 krebserregenden Stoffe weg, die bei der glimmenden Verbrennung von Tabak entstehen. Endlich scheint eine Lösung vorhanden, für all diejenigen, die ihre Lust auf Nikotin befriedigen wollen, ohne langfristig an Krebs, Herz- und Gefäßkrankheiten zu sterben. Doch ist das wirklich so?
E-Zigarette: Die gesündere Wahl?
Der Vorstandschef des Zigarettenkonzerns Philip Morris International äußert in einem Interview mit Zeit-Online im Juni 2017, dass innerhalb der nächsten zehn Jahre die herkömmlichen Glimmstangen seiner Meinung nach nahezu verschwinden werden. Ihr Marktanteil wird von den E-Zigaretten ersetzt. Er plädiert dafür, dass die europäischen Regierungen Werbung für die wenig schädlichen Heat-Sticks zulassen und unabhängige Studien finanzieren sollten, um den Ruf der E-Zigarette aufzubauen. Auf dieser Weise, meint er, könnte man viele Raucher dazu bewegen, zur E-Zigarette umzusteigen und viele Leben retten.
Diverse Studien untermauern seine These. Die University of California in Berkeley und die
Boston University School of Public Health kommen 2010 zu dem Schluss, dass sich im Dampf der E-Zigarette keine giftigen Stoffe befinden, nachdem sie die Flüssigkeit analysiert haben. Zum gleichen Ergebnis kommt die University School of Public Health in Philadelphia. Eine englische Studie aus dem gleichen Jahr vergleicht die Sterblichkeit von Zellen, die normalen Zigarettenrauch und den Dämpfen der E-Zigarette ausgesetzt sind. Das Ergebnis entlastet ganz klar die Heat Sticks: 70mal weniger Zellenschwund ist die Folge. Cochrane, eine Vereinigung von Ärzten und Forschern, hat dagegen festgestellt, dass E-Zigaretten nützlich sein können wenn es darum geht, langjährige Raucher zum Aufhören zu bringen. Weitere Studien, die die E-Zigaretten entlasten, sind hier zu finden.
Passivrauchen: Ein Problem von gestern
Eine der Hauptargumente gegen die herkömmlichen Zigaretten und sonstigen Tabakerzeugnisse ist von der Gefahr des Passivrauchens gegeben. Während der letzten zwanzig Jahre haben in Europa und weltweit mehr und mehr Staaten immer restriktivere Gesetze gegen das Rauchen an öffentlichen Orten erlassen. Der sogenannte Nebenstrom enthält nämlich genauso viele Schadstoffe wie der Rauch. Somit werden auch Nichtraucher in Mitleidenschaft gezogen.
Anders bei der E-Zigarette. Der Dampf wird zum einen nicht kontinuierlich freigegeben, sondern nur wenn der Nutzer einen Knopf drückt. Somit wird nur das, was er ausatmet, in die Luft ausgestoßen. Forscher des Fraunhofer Wilhelm-Klauditz-Instituts in Braunschweig haben festgestellt, dass die Stoffe im Dampf in der gasförmiger Phase vorhanden sind. Das bedeutet, dass sie sich nicht in der Lunge festsetzen, sondern sich auflösen.
Gefahren der E-Zigarette
Das Bundesinstitut für Risikobewertung sieht es mit den E-Zigaretten ein wenig enger. Zwar erkennt es in einer Stellungnahme aus dem Jahr 2012 an, dass die krebserregenden Produkte, die bei der Tabakverbrennung entstehen, wegbleiben. Doch gleichzeitig warnt es vor den Gefahren der angeblich harmlosen Sticks. Nikotin, so das BfR, habe ein Suchtpotential. Die negativen Auswirkungen auf die Gesundheit von Nikotin werden unterschätzt. Unter anderem erhöht Nikotin den Blutdruck und die Herzfrequenz. Propylenglycol, Hauptkomponente der Liquids, stufen sie auch nicht als unbedenklich ein, sondern als möglicherweise reizend für die Atemwege. Ein weiteres Problem sieht das BfR in der Tatsache, dass die Nutzer von E-Zigaretten oft mit den Liquids experimentieren. Im Handel sind viele Liquids verfügbar, ihre Zusammensetzungen variiert. Da es bei den Flüssigkeiten an einheitlichen Standards mangelt, sei es unklar, was tatsächlich ein- und ausgeatmet wird. Somit könne man nicht ausschließen, dass auch Passivraucher gefährdet werden.
Konsum und Verkauf
In vielen Ländern wie Kanada, Brasilien und Singapur, in denen die Antirauchgesetze sehr streng sind, werden E-Zigaretten wie normale Tabakprodukte behandelt und aus der Öffentlichkeit weitgehend verbannt. In Deutschland dagegen ist es erlaubt, E-Zigaretten zu konsumieren. Auch sind beim Verkauf noch keine Einschränkungen wie bei normalen Zigaretten vorhanden, da die Sticks keinen Tabak enthalten. Ein Versuch, sie als Arzneimittel einzustufen, scheiterte 2014 vor dem Bundesverfassungsgericht. In Österreich ist der Online-Handel mit E-Zigaretten verboten. Sie sind jedoch im Handel frei erhältlich. Insgesamt greifen die Rauchverbote bei der E-Zigarette nicht, da es sich bei den Emissionen nicht um Rauch im engsten Sinne handelt. Das ist für Befürworter der E-Zigarette ein weiterer Pluspunkt für die Heat Sticks. Ab Mai 2018 treten auch in Österreich strengere Rauchverbote in Kraft. Vor allem in der Gastronomie soll es mit dem Rauchen dann Schluss sein. Konsumenten von E-Zigaretten sind vom Verbot nicht betroffen.