Das große EVN Interview nach dem Sturm

Provokante Fragen an die EVN: "sitzen wir beim nächsten Sturm wieder im Dunkeln?"

EVN Sturm Einsätze 29.10.2017
So gefährlich können EVN-Einsätze sein: Ein Baum im Dunkelsteinerwald (Bezirk Melk) krachte auf das Auto! | © EVN

Meteorologen gaben dem Sturmtief vom Wochenende zwar keinen Namen, dafür hatten Betroffene und Einsatzkräfte etliche starke Ausdrücke dafür. Sicher auch jene EVN – Mitarbeiter, welche unter Einsatz des Lebens die Stromleitungen reparieren müssen!

Außergewöhnliche Dichte an Einsätzen

Nach dem Bericht der Feuerwehren folgt nun derjenige, welche die Seite der Stromversorgung, konkret die vonseiten der EVN beleuchtet.

Stefan Zach, der Pressesprecher des niederösterreichischen Energieversorgers bestätigt die Ansicht der Wehren, dass dieses Wochenende eine enorme hohe Zahl an gleichzeitigen Einsätzen erforderte.

Der große Stromausfall am Sonntag, den 29.10.2017 ließ nicht nur unsere Redaktion stundenlang im Finsteren: Sondern bis zu 50.000 (!) andere NÖ Kunden waren zumindest kurzzeitig gespannt, wann der Saft wieder fließen würde!

Natürlich gilt diese enorme Anzahl nicht zeitgleich und dauernd, denn hunderte EVN – Störungstrupps sind schon knapp nach 06:00 Uhr ausgerückt. Ebenso, wie berichtet die Feuerwehren, Straßendienste, usw. Gemeinsam gelang es, die Zahl der Haushalte ohne Strom zu reduzieren.

So blieb es bei etlichen Kunden bloß einige Sekunden finster, reicht aber auch um zB. einen PC gewaltsam runterfahren zu lassen – auch nicht sonderlich gut, da kann auch Datenverlust drohen.

7000 Haushalte aber waren wirklich 6, 7 oder mehr Stunden ohne Strom; Keine Kaffeemaschine, kein E-Herd, kein Fernseher, Festnetz-Modem – nichts ging mehr. Die einzigen Geräusche erzeugte der Sturm, der mit rund 100 km/h um die Häuser tobte. Auf den Bergen gar mit bis zu 180 km/h!

Und gerade wenn etwas fehlt, bemerken wir die Abhängigkeit davon. Beim elektrischen Strom ist es halt heutzutage ganz schlimm, ohne dem erlahmt das moderne Leben. Zudem war es auch tagsüber recht bedeckt, selbst Lesen war nur nahe der Fenster möglich.

Interview mit Stefan Zach, EVN

Zeit im Blick konnte ein ausführliches Interview mit Herrn Stefan Zach, dem Pressesprecher der EVN führen – er erhellte einige Tatsachen rund um die Energieversorgung, sowie deren Aufrechterhaltung bei solchen Ereignissen.

Vorausschickend erwähnt Herr Zach, dass dieser Sonntag mit außergewöhnlich vielen Leitungsunterbrechungen gespickt war. Eine solche Dichte an zeitgleichen Einsätzen gab ja auch lt. den Feuerwehren in Niederösterreich noch nie.

ZIB: “Sind tatsächlich noch so viele Leitungen oberirdisch geführt, also gefährdet?

ZACH: “Allein in NÖ sind ca. 54.000 km Leitungen (Anm.: Erdumfang: ca. 40.000 km). Jenes Netz versorgt ca. 880.000 Abnehmer, sehr oft in entlegenen Gebieten. Dabei sind besonders die großen 20 KV Leitungen, welche durch weiträumige Waldgebiete, verlaufen gefährdet.

ZIB: “Da müsste man eben breitere Schneisen anlegen, oder?

ZACH: “Nun, Bäume und Äste werden bei solchen Stürmen unglaublich weit durch die Luft und auf die Stromleitungen geschleudert – man kann aber nicht 100 Meter breite Schneisen ausschneiden. Denn wir möchten auch keinen Baum zu viel umschneiden. Wir verstehen die Menschen, welche das ebenso sehen.

ZIB: “Warum werden nicht mehr Leitungen eingegraben?

ZACH: “Wir verlegen immerwährend Leitungen in die Erde, in Städten gibt es eigentlich kaum noch oberirdische Leitungen. Doch am Land, je dünner besiedelt und je mehr bewaldetes Hügelland, oder gar Berge, desto schwieriger ist das.

ZIB: “Also sitzen wir beim nächsten Sturm wieder im Dunkeln?

ZACH: “Na, ich hoffe nicht! Und ich bitte alle um Entschuldigung für diese langen Unterbrechungen. Doch dieser Tag war außergewöhnlich, während die Einsatztrupps eine der hunderten kaputten Leitungen flickten, rissen weitere ab.

ZIB: “Diese Arbeit ist auch recht gefährlich, bei dem Wetter usw. riskieren die doch einiges, oder?

ZACH: “In der Tat! So passierte es im Dunkelsteiner Wald, dass die Mitarbeiter von einem Einsatz zu ihrem Auto zurück kamen und ein riesiger Baum lag oben drauf. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn die drin gewesen wären.

ZIB: “Wie weit ist denn nun die Stromversorgung in NÖ wieder hergestellt? (Anm.: Stand 30.10..2017, Mittag)”

ZACH: “Also bis auf einige wenige, sehr entlegene Häuser sind alle wieder am Netz. Manche konnten noch nicht erreicht werden, da liegen zu viele Bäume usw. herum – doch diese werden mit Notstromaggregaten versorgt.
Einige werden aber erst im Frühjahr wieder Strom haben – va. jene Eigentümer, die jetzt gar nicht vor Ort sind, zB Zweitwohnsitzer, wissen ja noch nichts davon. Wir können in solchen Fällen aber erst handeln, wenn eine Schadensmeldung vorliegt.

ZIB: “Gibt es denn keine große Kontrolltafel in ihrer Zentrale, wo sie sofort reagieren können, wenn ein Lämpchen ausfällt, wenn dort die Versorgung weg ist?

ZACH: “Ja, wir haben sowas – doch diese Kontrolle geht nur bis zu den Trafostationen. Und selbst wenn jeder Haushalt da angezeigt würde: Wir könnten beim dzt. Stand der Technik nicht unterscheiden, ob ein Fehler vorliegt, oder jemand einfach den Strom absichtlich abstellte.

ZIB: “Apropos Technik: Wir bekamen soeben eine Studie herein, wonach immer mehr Energieversorger ihre Leitungen mittels Drohnen kontrollieren. Sie auch?

ZACH: “Ja, sicher machen wir das! Doch bei dem Sturm wären die chancenlos, könnten nichts helfen. Doch ansonsten setzen wie sie ein, ebenso Hubschrauber und natürlich gehen die Mitarbeiter auch zu Fuß die Trassen ab.

ZIB: “DANKE!”

Hr. Stefan Zach nahm sich trotz der vielen Termine, trotz dauernder Interviews Zeit, um sich nochmals bei allen Kunden zu entschuldigen – und lief wieder durch den strömenden Regen am Montag zum nächsten Einsatz.

Rekorde?

Versicherungen schätzen die Schäden aller Bereiche auf etwa 10 – 15 Mio. €, die EVN rechnet allein bei den Schäden am Stromnetz auf 1 – 2 Mio. €. Da sind aber wahrscheinlich die nicht von Versicherungen gedeckten Schäden nicht eingerechnet – jene Summen, welche schließlich der Katastrophenfonds des Landes NÖ übernehmen wird.

Doch dieses stürmische Wochenende war ansonsten keineswegs rekordverdächtig, ich denke da an meine Reportage über “Kyrill” zurück, welcher im Jänner 2007 über uns kam und auch hier enorme Schäden verursachte. Eine Rekord-Sturmböe am Feuerkogel wurde damals mit 207 km/h gemessen.

Jenes namenlose Sturmtief des Oktober 2017 brachte es lt. ZAMG “nur” auf eine Spitze von 179 km/h …