
Bereits im Sommer 2015 ging der Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag der Arbeiterkammer gerichtlich gegen unzulässige Kreditbearbeitungsgebühren vor. Zunächst mit Erfolg.
Nachdem der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) Kreditbearbeitungsgebühren schon zuvor für gesetzwidrig erklärte, gab es nun erstmals ein erstes österreichisches Gerichtsurteil: Laut dem Landesgericht Innsbruck sind Bearbeitungsgebühren für Kredite, wie sie von Banken verrechnet wurden, unzulässig. „Eine gröbliche Benachteiligung der Konsumenten ergebe sich schon daraus, dass sich die Höhe unabhängig vom tatsächlichen Bearbeitungsaufwand prozentuell am gewährten Kreditbetrag orientiert.“
Zwischen 1 % und 4 %(!) abgezockt!
Auch zur Höhe der Gebühr äußerte sich das Innsbrucker Gericht: Verbraucher müssen zur Anschaffung eines Eigenheims mitunter Kredite in Höhe von EUR 350.000 oder mehr aufnehmen. In diesem Fall wären dann EUR 3.500 an Bearbeitungsgebühr entrichten. Bei nur einem Prozent Kreditbearbeitungsgebühr! Bei 4 % eben das 4-fache; im Schnitt haben die Banker also schon mal 7000 Euro abgezockt …
2016: Santander kippt freiwillig alle Vertragsgebühren
Im Frühjahr 2016 strich die Santander Consumer Bank als erstes österreichisches Finanzinstitut alle einmaligen Vertragsgebühren bei Krediten. Freiwillig!
OGH Entscheid GEGEN die Verbraucherinteressen!
Nur ein Monat später entschied der österreichische Oberste Gerichtshof (OGH) aber komplett konträr gegen die Verbraucherinteressen!
Die wertabhängige Gebührengestaltung (1 Prozent bzw. 2,5 Prozent der Kreditsumme) sei laut OGH zulässig, finden sich doch vergleichbare Gebührengestaltungen vielfach in der österreichischen Rechtsordnung (Makler, Rechtsanwälte).
Der WKÖ gefällt das: Bereits 2023 reagierte die WKÖ-Bundessparte Bank und Versicherung wie gewohnt schnell (nur 7 Jahre später) und bejubelte diese Entscheidung: „Die Kreditbearbeitungsgebühr ist ein transparenter Bestandteil des Gesamtpreises eines Kredits, der sich aus dem Zinssatz und dem Aufwand bei Kreditbereitstellung zusammensetzt“.
Ein neues OGH-Urteil leitete den Wechsel in der Rechtsprechung ein
Noch im Februar 2023 berichtete der Verbraucherschutzverein (VSV), dass der Oberste Gerichtshof (OGH) einen Wechsel in seiner Rechtsprechung vollzogen hat.
Der Grund: Der OGH sah die Servicepauschale eines Fitness-Centers als unzulässig an.
Daraus schlossen die VSV Leute: „Wir gehen davon aus, dass die Banken bei Verbraucherkrediten die Kreditbearbeitungsgebühren nicht verrechnen dürfen bzw. für bestehende Verbraucherkredite zurückzuzahlen haben,“ sagte damals Peter Kolba, Obmann des VSV.
Und man startete eine Aktion, um Kreditnehmer*innen zu entlasten und die bezahlte Kreditbearbeitungsgebühr von den Banken zurückzufordern.
Erste Erfolge
Im April 2024 musste die erste Bank(*) einer Kreditnehmerin die Rückzahlung dieser Gebühr in Höhe von 2100 Euro samt Zinsen zugestehen. So das erste diesbezügliche Urteil des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien (BGHS Wien).
Die Bank ging zwar in Berufung, hat diese jedoch, bevor das Berufungsgericht entscheiden konnte, Anfang Juni 2024 zurückgezogen.
* wer eine Namensgleichheit mit einer bekannten Bankengruppe assoziiert, darf das gerne tun ;-)
Sammelaktionen und Verbandsklagen
Nicht nur damit war der Weg frei und etliche Anwaltskanzleien und Prozesskostenfinanzierer stiegen mit ein und vertraten seither jeweils hunderte Kreditnehmer. Manchmal in Zusammenarbeit mit AK und oder eben den Verbraucherschutzverbänden.
„Die heimische Bankenbranche ist damit einem Prozessrisiko in Milliardenhöhe ausgesetzt, da es jahrzehntelange Usance bei fast jeder Bank war, Kreditbearbeitungsgebühren in Höhe von mehreren Tausend Euro zu verrechnen“, sagte der Geschäftsführer eines Prozessfinanzierers, der auch ein Sammelverfahren gegen österreichische Banken gestartet hat.
ÖVP sabotiert Verbraucherschutzrechte?!
Die EU Richtlinie für Verbandsklagen hätte bis 25.12.2022 in österreichisches Recht umgesetzt werden müssen.
Wie es scheint, fand die erste Version der Richtlinie breite Zustimmung bei Verbraucherschützern und hätte aus deren Sicht noch im Sommer 2024 Rechtskraft erlangen können.
Aber das ÖVP geführte Wirtschaftsministerium sabotierte drei wesentliche Punkte und sollten diese Wünsche der dunklen Site der Macht umgesetzt werden, so würde das die Bemühungen des Verbraucherschutzes ad absurdum führen.
Konkret wollte die ÖVP:
- die Zahl der qualifizierten Einrichtungen für Verbandsklagen einschränken,
- die Suche nach Prozesskostenfinanzierer erschweren und
- schließlich noch die Verjährungsfrist auf bloß 3 Jahre zusammenkürzen.
2025: Unterlassungsklage nachgelegt
Vor allem gegen letzten Punkt hat der Verbraucherschutzverein 2025 noch eine Unterlassungsklage nachgelegt, um sicherzustellen, dass Rückforderungsansprüche nicht verjähren können. Daniela Holzinger-Vogtenhuber vom VSV: „Unsere Sammelaktion zu den Kreditbearbeitungsgebühren wird dadurch einen deutlichen weiteren Aufschwung nehmen.“
Seither vermelden die Verbraucherschutzverbände und ihre Prozesskostenfinanzierer, die AK und die wenigen, inzwischen munter gewordenen Medien einen Erfolg nach dem anderen. Immer mehr Banken müssen die Kreditbearbeitungsgebühren zurückzahlen.
Die WKÖ versuchte zwar auch 2025 wieder und wieder ihre Banker zu beschützen und verbreitete in Tateinheit mit der ÖVP weitere Unsicherheit unter der Bevölkerung.
Doch das wird denen nichts nützen, die Banken werden einen Bruchteil ihrer immensen Übergewinne wieder abtreten müssen.
Wäre da nicht ein Wermutstropfen:
Das Risiko für den Kreditnehmer ist nicht Null!
Kürzlich wurde das Thema auch beim Bürgeranwalt im ORF besprochen. In der Sendung vom 28.06.2025 wurde der aktuellste Stand der Dinge berichtet und die bisherigen Aktionen zusammengefasst.
Doch leider wird ein Aspekt stets unvollständig, ja sogar falsch dargestellt: Das Risiko für den Kreditnehmer wird von allen heruntergespielt.
Egal wer darüber berichtet, ob Verbraucherschützer oder Anwalt – es entsteht immer der Eindruck: Für den Kreditnehmer ist das alles völlig kostenlos. Das stimmt bedauerlicherweise so nicht!
70 Euro Teilnahmegebühr!
Denn sogar die im staatlichen Auftrag agierenden Verbraucherschützer verlangen 70 Euro, damit man an der Aktion teilnehmen darf.
Und leider wussten manche nichts davon, denn zum Zeitpunkt der Anmeldung wurden die Kosten relativ gut versteckt.
Ein konkreter Fall:
Uns wurde ein Fall zugetragen, wo sich der Kreditnehmer schon nach Bekanntwerden der ersten Aktionen beim VSV anmeldete und erst nach Jahren erfuhr, dass die Sache nicht kostenlos funktioniert.
Herr P: „In keinem der Mails mit dem Verein wurde das erwähnt – erst im letzten, was am 22. Juni 2025 kam, stand da plötzlich das da:“
Achtung: Beachten Sie bitte, dass Ihr Fall nur bearbeitet werden kann, wenn die Teilnahmegebühr für die Sammelaktion beglichen wurde! Sollten Sie dies bereits erledigt haben oder schon Mgl. des VSV sein, beachten Sie diese Aufforderung bitte als gegenstandslos.
Die Teilnahmegebühr für die Sammelaktion Kreditbearbeitungsgebühren beträgt 70 EUR und kann einbezahlt werden durch Überweisung auf unser Konto: …
„Und auch Anwälte, bzw. Prozessfinanzierer arbeiten nicht umsonst … 35 Prozent sind enorm viel und womöglich erfinden diese Berufsgruppen auch Kosten im Falle einer Niederlage des Konsumenten?“, schreibt der nun unsicher gewordene Bankkunde weiter.
Er schließt auch noch eine Anmerkung an: „PS: Der VSV hat mich auch in Sachen EVN-Abhilfeklage vertreten und wollte da auch nochmal 70 €. Dabei fand ich inzwischen selber heraus: Ich habe keinen Anspruch. Also wären 70 € für nichts verbraten.“
Unser Tipp:
Der Ausweg wäre eine möglichst genaue Vorabeinschätzung des zu erwartenden Betrags samt Garantie, diese im Fall des Obsiegens auch zu erhalten. Dann könnte sich jeder überlegen, ob es ihm das wert ist, vorab etwas zahlen zu müssen.