Staat muss für Gesundheitsleistung von Häftlingen zahlen, nicht die Versichertengemeinschaft.
Gestern wurde im Sozialausschuss die Frage diskutiert, wer für die Gesundheitsversorgung von Häftlingen in den österreichischen Justizanstalten aufkommen soll.
ÖVP und Grüne planen Gesundheitsleistungen für Häftlinge den Krankenkassen zu verrechnen.
Derzeit trägt diese Kosten das Justizministerium.
Es geht dabei um 100 Millionen Euro jährlich, die Türkis-Grün der Krankenversicherung so entziehen wollen, erklärt SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch. „Das ist unglaublich! Das ist Aufgabe des Staates und nicht die der Krankenversicherten.“
Als Hintergrund vermutet Muchitsch, dass Schwarz-Grün für die Justiz kein zusätzliches Budget bereitstellen will.
Laut dem Justizminister der ExpertInnenregierung, Clemens Jabloner, braucht Justiz jährlich zusätzlich 95 Millionen Euro.
„Hier will man staatliche Aufgaben der Krankenversicherung umhängen“, sagt Muchitsch: „Es schaut so aus, dass Kurz und Kogler für das zusätzliche Justizbudget die Krankenkasse ausräumen wollen.“
„Zum Schluss kommt damit eine zusätzliche Belastung auf die Versichertengemeinschaft zu. 100 Millionen Euro jährlich werden für den Ausbau der Leistungen fehlen und die Krankenkassen tiefer ins Minus treiben“, warnt Muchitsch.
ÖVP und Grüne wollen Einbeziehung von Häftlingen in die Krankenversicherung prüfen.
FPÖ-Anträge zum Pflegegeld und zur Lockerung des Rauchverbots in Lokalen vom Sozialausschuss abgelehnt.
Der Rechnungshof hat bereits vor einigen Jahren Kritik an den hohen Kosten für die medizinische Versorgung von Häftlingen geübt. Da diese nicht krankenversichert sind, übernimmt der Staat die Kosten für deren ärztliche Betreuung und Behandlungen und muss dafür grundsätzlich den Tarif für unversicherte PrivatpatientInnen zahlen. Das soll sich in naher Zukunft ändern. ÖVP und Grüne haben sich im Regierungsprogramm zu einer Verbesserung sowie zur Effizienzsteigerung der Gesundheitsversorgung im Strafvollzug bekannt und erhalten nun auch Rückendeckung vom Sozialausschuss des Nationalrats . Justizministerin Alma Zadić und Sozialminister Rudolf Anschober sollen gemäß einer heute gefassten Entschließung eine Einbeziehung von Gefängnisinsassen in die gesetzliche Krankversicherung bzw. alternative Möglichkeiten zur Sicherung der medizinischen Versorgung von Häftlingen prüfen. Der Beschluss fiel mit den Stimmen von ÖVP und Grünen, ein Antrag der FPÖ fand keine Mehrheit.
Diskutiert hat der Sozialausschuss auch über zwei weitere Anträge der FPÖ, die auf ein höheres Pflegegeld für zu Hause gepflegte Personen und eine Lockerung des Rauchverbots in der Gastronomie abzielen: Sie wurden beide abgelehnt.
Diksussion um Medizinische Versorgung von Häftlingen
Basis für die Diskussion im Ausschuss über die medizinische Versorgung von Häftlingen bildete ein Entschließungsantrag der FPÖ (150/A(E)), der von allen anderen Parteien jedoch abgelehnt wurde. Klubobmann Herbert Kickl und seine FraktionskollegInnen sprechen sich mit Hinweis auf den 2012 vorgelegten Rechnungshofbericht dezidiert dafür aus, Gefängnisinsassen in die gesetzliche Krankenversicherung einzubeziehen, um die Kosten für deren medizinische Versorgung zu senken.
Das ist zwar auch für ÖVP und Grüne eine Option, sie wollen aber auch andere Alternativen prüfen. Konkret werden in der Entschließung etwa der Abschluss eines Gesamtvertrags statt vieler teurer Einzelverträge, die Bildung von regionalen Clustern und eine Kooperation mit dem Bundesheer genannt. Man wolle kein Husch-Pfusch-Gesetz, sondern die beste Lösung suchen, betonte Ralph Schallmeiner (Grüne). FPÖ-Abgeordneter Christian Ragger hielt dem entgegen, dass man bereits zwei Jahre lang im Justizausschuss über diese Frage diskutiert habe und die jährlichen Kosten von 100 Mio. € einen großen Posten im Budget des Justizministeriums einnehmen.
Nichts von einer Einbeziehung der Häftlinge in die gesetzliche Krankenversicherung hält die SPÖ. Es sei eine originäre Aufgabe des Staates, die medizinische Versorgung von Häftlingen sicherzustellen, bekräftigte Alois Stöger. Die Kosten zu Lasten der ArbeiterInnen und Angestellten der Sozialversicherung “umzuhängen”, sei eine nicht akzeptierbare Umverteilungspolitik. Noch dazu wo für Häftlinge besonders hohe medizinische Aufwendungen nötig seien.
Klaus Fürlinger (ÖVP) betonte, dass im Falle einer Einbeziehung von Häftlingen in die Krankenversicherung nur Standardleistungen – ohne Einbeziehung der Angehörigen – in Frage kommen. Gerald Loacker (NEOS) beantragte die Zuweisung des FPÖ-Antrags an den Gesundheitsausschuss, konnte sich damit aber nicht durchsetzen.
Bei diesem Diskussionsblock mit in Verhandlung stand auch eine von ÖVP und Grünen beantragte Novelle zum Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz (200/A) ohne konkreten Inhalt, die vertagt wurde. Laut SPÖ-Abgeordnetem Alois Stöger hätten die Koalitionsparteien eine vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Bestimmung betreffend die Entsendung von VersicherungsvertreterInnen in die neue Sozialversicherungsanstalt für öffentlich Bedienstete, Eisenbahnen und Bergbau reparieren wollen, bislang aber offenbar keine Einigung erzielt. Aus “Machtbesessenheit” habe die vorherige Regierung das Gesetz “verpfuscht”, kritisierte er und beklagte, dass die Rechtsunsicherheit durch die Vertagung des Antrags nun vorerst aufrecht bleibe.
FPÖ fordert höheres Pflegegeld für zu Hause gepflegte Personen
Ebenfalls vom Sozialausschuss abgelehnt wurde ein Entschließungsantrag der FPÖ betreffend die Anerkennung der häuslichen Pflege (146/A(E)). Er zielt darauf ab, Personen, die zu Hause betreut bzw. gepflegt werden, ab Pflegestufe drei ein um 50% höheres Pflegegeld zu gewähren. Außerdem plädieren FPÖ-Chef Norbert Hofer und seine FraktionskollegInnen für einen höheren Zuschlag für Demenzkranke im Falle einer häuslichen Pflege.
Man habe sich im Rahmen der Koalitionsverhandlungen darauf verständigt, das Thema Pflege gesamtheitlich anzugehen. Daher werde die ÖVP Einzelmaßnahmen keine Zustimmung geben, begründete Ernst Gödl (ÖVP) die Ablehnung des Antrags. Philip Kucher (SPÖ) wies darauf hin, dass die Umsetzung des Antrags Kosten von 750 Mio. € verursachen würde, mit denen man etwa auch Sachleistungen finanzieren könnte.
Sozialausschuss gegen Lockerung des Rauchverbots in der Gastronomie
Schließlich lehnte der Ausschuss einen umfangreichen Entschließungsantrag der FPÖ (147/A(E)) ab, der eine Lockerung des Rauchverbots in der Gastronomie und Maßnahmen zur Unterstützung von TrafikantInnen zum Inhalt hat. Durch das Rauchverbot drohe ein massiver Kahlschlag bei Trafiken und Gastronomiebetrieben, viele tausende Arbeitsplätze seien gefährdet, warnen Erstantragsteller Peter Wurm und seine ParteikollegeInnen.
Konkret schlägt die FPÖ u.a. vor, Lokale mit bis zu 50 Plätzen vom verpflichtenden Rauchverbot auszunehmen und Shisha-Bars mit einigen Auflagen wieder zu erlauben. In den übrigen Lokalen soll Rauchen zwischen 20.00 Uhr und 06.00 Uhr gestattet sein, sofern der Wirt bzw. die Wirtin dies zulassen. Auch bei geschlossenen Veranstaltungen bzw. der Vermietung ganzer Räume sollen Gäste wieder zum Glimmstängel greifen dürfen. Zur Unterstützung von Tabakfachgeschäften fordert die FPÖ die Einführung einer Mindesthandelsspanne von 18% für Zigaretten, die Aufhebung der neuen Trafiknachfolge- und Betriebsablöseregelung sowie eine Jungunternehmerförderung für angehende TrafikantInnen.
Von Seiten der anderen Fraktionen wollte sich allerdings niemand den Forderungen der FPÖ anschließen. Sie sei froh, dass man in Lokalen nicht mehr rauchen dürfe, sagte Rebecca Kirchbaumer (ÖVP)
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