Leichtfried kritisiert schlampigen Umgang des Kanzlers mit Verfassungsbedenken

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Niemand steht über dem Gesetz

Irritiert zeigt sich der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried über die Aussagen des Kanzlers, angesprochen auf die Kritik, dass manche Gesetze nicht verfassungskonform wären. „Es ist beunruhigend, wenn ein Chef einer Regierung sich so wenig um Rechtsstaatlichkeit und Rechtskonformität kümmert und einen so schlampigen Umgang pflegt“, so Leichtfried, Obmann des Verfassungsausschusses. Befremdlich sei es auch, dass Kurz in aller Öffentlichkeit keine Verantwortung für Richtungsfehler übernimmt, sondern „sich ungeniert an Beamtinnen und Beamten zuschiebt“.

So fand Kurz, dass man in der Zeit der Corona-Maßnahmen mit den „Beamten nachsichtig sein müsste“. „Gerade in Zeiten der Krise und der besonderen Herausforderungen muss der Rechtsstaat gewahrt bleiben“, so Leichtfried, der bereits in Vergangenheit vor „unverhältnismäßigen und überschießenden Eingriffen in Grund- und Freiheitsrechte“ gewarnt hat. „Mit der Verfassung, der Grund- und Freiheitsrechten muss jeder von uns- und ganz besonders ein Regierungschef sorgsam umgehen. Niemand steht über dem Gesetz“, so Leichtfried abschließend.

NEOS zu Verfassungskonformität der Gesetze: Niemand darf sich außerhalb der Gesetze bewegen.

Beate Meinl-Reisinger: „Wir unterstützen viele Schritte der Regierung – das heißt aber nicht, dass sie damit einen Blanko-Scheck für rechtswidriges Vorgehen hat.“

Irritiert zeigt sich NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger über die Aussagen von Bundeskanzler Kurz über mögliche nicht verfassungskonforme Erlässe und Verordnungen, dass sich „die Juristen des Gesundheitsministeriums um verfassungskonforme Abläufe bemüht hätten“ und dass er deshalb um Nachsicht bitten würde. „Diese Aussagen sind eines Bundeskanzlers nicht würdig, niemand darf sich außerhalb der Gesetze bewegen. Gerade in Krisenzeiten ist es besonders wichtig genau darauf zu achten. Das nennt man Herrschaft des Rechts. Weder darf man hier ,Nachsicht‘ walten lassen, noch mit einem ,Bemühen‘ zufrieden geben. Letztlich ist vor allem die jeweilige Ministerin, der jeweilige Minister dafür verantwortlich, dass Erlässe und Verordnungen verfassungskonform ausgearbeitet werden, nicht die Juristinnen und Juristen im Ministerium“, mahnt Meinl-Reisinger.

„NEOS haben viele Schritte der Regierung nicht nur befürwortet, sondern auch entsprechend gesetzlich mit auf den Weg gebracht. Das heißt aber ganz sicher nicht, dass die Regierung damit einen Blanko-Scheck in der Hand hält für rechtswidriges Vorgehen. ,Bemühen‘ ist uns zu wenig – wir erinnern den Bundeskanzler an seine Verantwortung, den Rechtsstaat gerade in diesen Zeiten hochzuhalten und an seine Verantwortung gegenüber dem Gesetz und dem Parlament“, erklärt Meinl-Reisinger.

Ernst-Dziedzic zu Türkei: Wahrung der Menschenrechte statt Willkürjustiz

Grüne schließen sich Appell von Amnesty International an.

Die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Ewa Ernst-Dziedzic, übt Kritik am neuen Gesetz über Haftentlassungen in der Türkei anlässlich der Corona-Krise, das genau jene Menschen, die aufgrund freier Meinungsäußerung verurteilt wurden, nicht umfasst. „Während zehntausende, potentiell gefährliche Häftlinge auf freien Fuß gesetzt werden, bleiben Menschen in Haft, die grundlegende demokratische Rechte wie das Recht auf Meinungsäußerung ausgeübt haben, d.h. deren einziges ‚Verbrechen‘ ihre Gesinnung ist. Ich schließe mich dem Appell von Amnesty International und zahlreicher Menschenrechtsorganisationen an, politische Gefangene nicht mit Absicht der Gefahr der Ansteckung auszusetzen. Die Behörden müssen zudem vor allem jene schützen, die aufgrund des Alters oder des Gesundheitszustandes besonders gefährdet sind, ungeachtet der Anklage”.

Die Türkei sieht sich mit rasant steigenden Corona-Infektionszahlen konfrontiert und will daher rund ein Drittel aller Insassen freilassen. Die Gefahr, sich in einem türkischen Gefängnis anzustecken, ist enorm hoch, da diese aufgrund der politischen Inhaftierungswelle infolge des Putsches im Jahre 2016 völlig überbelegt sind. Von dem Gesetz ausgenommen sind Personen, die wegen schwerer Verbrechen wie Terrorismus, Mord oder Gewalt gegen Frauen in Haft sind. Ebenso, wie regierungskritische JournalistInnen oder MenschenrechtsaktivistInnen. “Human Rights Watch, Amnesty International und die Schriftstellervereinigung PEN kritisieren dieses Vorgehen zu Recht und fordern, gerade auch politische Gefangene im Rahmen der Corona-Amnestie zu berücksichtigen. Die überfüllten Gefängnisse in der Türkei sind für gefährdete Gefangene, wie sie politisch Verfolgte sind, besonders gefährlich”, sagt Ernst-Dziedzic.

Die stellvertretende Klubobfrau wird heute deshalb an einem internationalen Solidaritätskonzert teilnehmen, das der Forderung nach Freilassung des aufgrund von Haft und Folter gesundheitlich schwer angeschlagenen Gesinnungshäftlings Mustafa Kocak Nachdruck verleihen soll. Außerdem fordert die virtuelle Solidaritätskundgebung die Freilassung von Ibrahim Gökcek, Bassist der bekannten türkischen Band Grup Yorum. Die 28-jährige Sängerin der Band, Helin Bölek, war Anfang dieses Monats nach einem Hungerstreik in der Haft verstorben. Das Online-Event wird auf folgender Seite öffentlich gehen: https://freegrupyorum.wordpress.com/2020/04/13/international-solidarity-event-online

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