Childrentoo – auch für Kinder die Stimme erheben

Counselling / Pixabay

Das große mediale Interesse und die vielfache Beteiligung an der Aktion #metoo in den sozialen Medien hat auch im Kinderschutz Echo erzeugt

Kinder haben keine Lobby

In vielen Beiträgen, die unter Hashtag metoo gepostet wurden und weiterhin werden, erzählen Frauen auch von Erfahrungen, die sie als Kinder oder Jugendliche machen mussten. Sie berichten von Erlebnissen, mit denen Organisationen wie die möwe in ihrer Kinderschutzarbeit täglich konfrontiert sind. Vielen Frauen gelingt es erst Jahre später, über diese Erlebnisse zu sprechen.

Die Statistiken über sexualisierte Gewalt an Minderjährigen sind dürftig. Laut dem europäischen Report über Kindesmisshandlung der WHO aus dem Jahr 2013 erleiden 13,4% der Mädchen und 5,7% der Burschen in Europa während ihrer Kindheit sexuellen Missbrauch. Das bedeutet, dass in jeder Schulklasse in Österreich zumindest ein bis zwei Kinder sitzen, die Opfer von sexuellen Übergriffen oder Missbrauch sind. Eine schockierend große Zahl an Kindern, von denen vor allem aufgrund der Dunkelziffer nur ein Bruchteil Hilfe bekommt und noch ein deutlich kleinerer Teil überhaupt angezeigt wird.

Täter-Opfer-Umkehr

Es liegt an der gesellschaftlich kollektiven Scham, wenn es um das Thema der sexuellen Gewalt geht, warum gar nicht oder erst viel später darüber gesprochen wird. An dem „Nicht-Wahrhaben-Wollen“, dass das in der eigenen Umgebung passiert, dass das jemand tut, den man vielleicht kennt oder in anderen Zusammenhängen sogar schätzt. Oft braucht es bis zu 7 Anläufe, bis Kinder nach Übergriffen gehört und ernst genommen werden.

Täter missbrauchen nicht nur ihre Opfer im Sinne der Bestätigung der eigenen Macht, sie verteidigen oft genug ihre Taten indem sie ihre Opfer dafür verantwortlich machen. Mit dieser Täter-Opfer-Umkehr wird die Verantwortung für das zur Schuld derer gemacht, die es erleiden mussten. Von den Tätern werden den Opfern verschiedenste Motive zur eigenen Rechtfertigung unterstellt oder Übergriffe und Gewalthandlungen bagatellisiert, verzerrt dargestellt oder gar nicht erinnert. Scham, Angst und Betroffenheit der Opfer werden ausgenutzt, um das Vorgefallene zu verschleiern.

Weshalb Kinder schweigen

Die überwiegende Zahl der Übergriffe an Minderjährigen wird von einer dem Kind nahestehenden Person getätigt. Von Personen also, zu denen das Kind in einem  Abhängigkeitsverhältnis steht und zu denen es Vertrauen hat. Das Gesetz hat dieser Tatsache Rechnung getragen und Kinder als speziell schützenswert deklariert, damit sexueller Missbrauch entsprechend als schweres Verbrechen geahndet werden kann.

Kinder haben es deutlich schwerer, sich zu Vorfällen zu äußern. Einmal, weil sie das, was sie erleben, oftmals gar nicht richtig einordnen können. Das Wissen darum, was als Übergriff oder Gewalt zu werten ist, ist eine der Grundlagen dafür, um sich mitteilen zu können. Bei kleinen Kindern kommt dazu, dass sie oft noch gar nicht in der Lage sind, das Erlebte zu verbalisieren. Selbst wenn ihnen das aufgrund ihres Alters und Wortschatzes möglich wird, werden sie von den Tätern auf unterschiedlichste Art und Weise zur Geheimhaltung „verpflichtet“.

Schenken Sie Kindern Gehör

Prävention beginnt frühzeitig mit der Vermittlung eines gesunden Verhältnisses zum eigenen Körper, zu den eigenen Gefühlen und Grenzen, die auch Erwachsene zu respektieren haben. Genau hier gilt es aus Sicht der möwe Geschäftsführerin Mag. Hedwig Wölfl anzusetzen: „Wir müssen Machtausübung und Gewalt  in Form sexualisierter Übergriffe als solche  benennen und ich danke den vielen Frauen, die den Mut und die Offenheit gezeigt haben, ihre Erlebnisse unter #metoo mit der Allgemeinheit zu teilen. In Bezug auf Minderjährige ist es wichtig, im Bewusstsein der Erwachsenen zu verankern, dass sie die Verantwortung für die Sicherheit von Kindern und für ihr gesundes, psychisch und physisch unversehrtes Aufwachsen tragen.“ Mehr Aufmerksamkeit und Zivilcourage – Hinschauen, Wahrnehmen und Helfen – sind die wesentlichen Anliegen: „Wir brauchen Erwachsene, die als Vertrauenspersonen zur Verfügung stehen und das, was ihnen ein Kind erzählt ernst nehmen.“ Nur dann kann die versorgende Arbeit der vielen Kinderschutzorganisationen beginnen und dem Kind weiteres Leid erspart werden.

Zeit im Blick: Das Innere Kind vergisst nie. Wie lebt man als Erwachsener mit den Erinnerung. Betroffene haben uns schon oft berichtet. Und einiges wurde auch schon geschrieben.

“Nur viele Leute sind einfach zu blöd um zu verstehen?
Auch oft die eigene Familie und Freunde”, weiß eine betroffene zu berichten. Mehr dazu demnächst.

Aber auch die Möwe selbst, auch hier kann man mit Kritik nicht hinter dem Berg halten. Es gibt auf allen Seiten viel zu lernen und dies geht nur mit Information und Feedback.

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