Tag der Arbeit(slosen) 2023

Halbmast Fahne
30. April und 1. Mai: Flagge auf Halbmast

Man sollte zumindest an das Arbeitsministerium, die Wirtschaftskammer, den Wirtschaftsbund und die Industriellenvereinigung eine strafbewehrte Unterlassungserklärung in saftiger Höhe schicken: „Sie haben es künftig zu unterlassen, den Halbsatz ‘händeringende Suche nach Fachkräften’ in jede ihrer Absonderungen einzubauen.

Der „Tag der Arbeitslosen“

… ist stets der Vortag zum 1. Mai, dem „Tag der Arbeit“ und beide Tage sind hier oft Anlass für offene Worte. Seit dem starken Artikel „Am Tag der Arbeit ist der Bundesadler auf Halbmast“, welcher bisher rund 250.000(!) Leser erzielte, ist es Tradition, diese Tage zu thematisieren.
Obacht: Die Inhalte polarisieren, sind konträr zum Mainstream und doch beweisbar.

Mögest du in interessanten Zeiten leben!

2023 ist eigentlich das Jahr, in dem die Corona Pandemie für beendet erklärt wurde. Dafür trifft das oben zitierte asiatische Sprichwort (eigentlich ein Fluch!) immer noch zu. Stichworte: Klima, Krieg und vielleicht eine neuerliche Bankenkrise?

Der Buchtitel: „Zum Glück fehlt nur die Krise“ scheint bei regierungstreuen Propagandamaschinen aber auch der PR Slogan des Jahres zu sein. Denn man brauchte bloß eine oder mehrere große Krisen und schon war die Arbeitslosenquote im Keller!

Aber alle Branchen suchen „händeringend“ nach Personal und das bei 334.000 AMS Kunden. (Stand 04/2023).
Vor genau einem Jahr, Ende April 2022 waren es übrigens ca. 327.000 Personen – diese Zahlen zeigen, wie rasant die Arbeitslosenquote „sinkt“. Alles klar?

Ist der angebliche Fachkräftemangel Eigenverschulden?

Ein lukullischer Einschub

Mitten in der Urlaubszeit treffe ich einen Bekannten beim Dorfwirten in einem Tourismus Hotspot, man will schnell auch was essen. Wirt: „Leider ist die Küche zu, musste alle heimschicken … kommt ja keiner.“ 😲 Er sucht also nicht „händeringend“ nach Personal, sondern nach Gästen. (Die haben aber grad wenig Geld, also kommt der Mittagstisch vom Diskonter)
Kein Einzelfall, wie weitere Recherchen ergaben!

Minister und Kämmerer finden aber stets Chefs aller Branchen, welche in Interviews lautstark nach Personal plärren. Leise bleibt man bloß beim Thema faire Bezahlung. (Wie auch, wenn einem die Regierung alles herausreißt und alle Kosten durch die Decke gehen?)

Ein Promille Fehlerkultur

Nur einer von 1000 Wirten meinte kürzlich: „Wir haben viele Fehler gemacht, wir müssen Gastro-Personal endlich wie normale Arbeitnehmer behandeln und bezahlen!“ „Man hat diese Leute mit Monatslöhnen von Arbeitnehmern abgespeist, welche nach 8 Stunden zu einer fixen Zeit heimgehen!“ Dazu fehlt es auch an persönlicher Anerkennung.

Rezept gegen den „Fachkräftemangel“: Mehr Druck!

Ein Koch(er), der nicht in einer Küche schuftet, hat aber schon seit Jahren ein Rezept gegen den „Fachkräftemangel“: Mehr Druck auf die Sozialschmarotzer! Gemeint ist der amtierende Arbeitsminister, welcher glaubt, dass all die „Problemmenschen 3. Klasse“ (Zitat AMS Mitarbeiter) mit 1700 Euro in der sozialen Hängematte liegen.

2020, mit Eintritt der Pandemie habe sich die Wirtschaftslage so enorm verbessert, dass seitdem eben überall „händeringend“ nach Arbeitskräften gesucht werden müsse. In so vielen, von der Regierung geschlossenen Betrieben fehlten die Mitarbeiter … das konnte und kann doch nur an den Sozialschmarotzer liegen, gell.

Zu Faschingsbeginn 2020 verkündete die NÖ Regierung die „NÖ Arbeitsmarktstrategie 2021-2027 und legt den Schwerpunkt auf Aus- und Weiterbildung“. Nebenbei wurden vom AMS noch mehr Ansuchen um Aus- und Weiterbildung abgelehnt. (Beweisbare Tatsache)
Ja, ein Kunde der sich seinen Kurs dann selbst organisierte, wurde wegen der Kursteilnahme einer „möglichen Nichtverfügbarkeit am Arbeitsmarkt“ beschuldigt und fast vom Bezug ausgespart! Obwohl es ein Online-Kurs war …

Im Mai 2021 war fast eine halbe Mio. Menschen beim AMS gemeldet. Für die Chefs von Wirtschaftskammer, Wirtschaftsbund usw. war klar: Die brauchen mehr Druck, dann würden sie schon wieder schnell in die dichtgemachten Betriebe gehen!

Harald Mahrer (Wirtschaftsbund) meint in der Presse vom 7.5.2021, dass Langzeitarbeitslose jeden Job annehmen müssen, das Arbeitslosengeld gekürzt gehört und dass Kranke wenigstens Teilzeit arbeiten gehen sollen. Die Reaktion des ÖGB ist hier nachzulesen.

Seit nun über 3 Jahren übertreffen sich Politiker und die Repräsentanten der eingangs erwähnten Institutionen und Kammern mit solchen Aussendungen. Der Ton wird jedes Mal schärfer und verächtlicher. Die Wortakrobaten verpacken diese Bekämpfung der Arbeitsscheuen natürlich in schöne Worte wie „Beschäftigungsanreize“.

Die „Beschäftigungsanreize“ gegen Fachkräftemangel:

  • Degressives, bzw. ohnehin geringeres Arbeitslosengeld
  • Abschaffung der Notstandshilfe → Abschiebung in die Sozialhilfe
  • Mehr und längere Sperren der erworbenen Versicherungsleistung Arbeitslosenunterstützung bei „angeblicher Vereitelung“
  • Senkung der Zuverdienstgrenze, bzw. Verbot eines solchen. (lt. Handelsverband „verhindert dies eine reguläre Arbeitsaufnahme“)
  • Verschärfung der Zumutbarkeit-Bestimmungen („Jobs müssen zur Person passen“ von Ex-NÖ-AMS Chef Hergovich wird weiterhin ignoriert)
  • Pensionisten wieder zurückholen, Regelpensionsalter generell anheben
  • Längere tägliche Arbeitszeiten und mehr Wochentage, Abschaffung von Wochenenden, Feiertagen (in der Industrie längst Realität)
  • Schikanierung von Teilzeitarbeitnehmer
  • „Qualifizierte“ Zuwanderung

Dem begegnen AK und sonstige soziale Initiativen mit wenig Erfolg. Klar, denn der moderne, erfolgreiche, gebildete, unverwüstliche, vernetzte und unabkömmliche Leistungsträger unterstützt dies mittels Wahlkreuz bei der dunklen Seite der Macht.

Die Ideen der sozialeren Vereine gegen Fachkräftemangel:

  • Mehr Aus- und Weiterbildung sowie Anerkennung von Talenten, Fähigkeiten „die nicht auf Abschlüssen, Zeugnissen und Zertifikaten stehen“
  • Mehr Rücksicht auf die gesundheitliche Situation!
  • Personen, welche von PVA, BBRZ usw. als arbeitsunfähig abgestempelt wurden, sollten dies individuell beeinspruchen können. Die Behindertenanwaltschaft schreibt hier, warum das noch vorhandenes Potenzial freiwerden lässt
  • Mehr Rücksicht auf die familiäre Situation, mehr Kinderbetreuungsplätze
  • Flexiblere, kürzere Arbeitszeiten
  • Anhebung des Arbeitslosengeldes, weil existenzbedrohende Lebensumstände eine ernsthafte Arbeitssuche und eine nachhaltige Arbeitsaufnahme erschweren würden. Dies meint auch der Verein „arbeit plus“ in diesem Artikel.
  • Sperren der Arbeitslosenunterstützung nur bei wirklich festgestellten krassen Sozialmissbrauch und nicht auf Zuruf einer Firma / Vermittlers einen Generalverdacht gegen AMS Kunden festigen! „Das ist ohnehin eine existenzbedrohende und menschenunwürdige Bestrafung“, meint die Sozialplattform Oberösterreich
  • Gleichstellung von Frauen und Männer bezüglich Bezahlung, aber auch bei der Anerkennung
  • „Qualifizierte“ Zuwanderung

Wie groß die Kluft zwischen beiden Lagern ist, zeigt folgender Satz deutlich:

Wirtschaftsbund – Generalsekretär Abg.z.Nr. Kurt Egger zur „Arbeitslosenkammer“ (Zitat Egger) „Für die Arbeiterkammer ist es mittlerweile eine schlechte Arbeitsbedingung, wenn man bei der Arbeit auch tatsächlich arbeiten muss“.

Auch interessant:

30 Prozent der Arbeitnehmer wären lieber arbeitslos als unglücklich im Beruf, heißt es im Randstad Workmonitor 2023.

Und die Jugend? Die lässt sich ohnehin nur auf attraktive Arbeitgeber ein, andernfalls bleibt man auf Kosten der Bank „PAPA“ im Hotel „MAMA“.
Ja, okay, wenn man den Kids ein bedingungsloses Grundeinkommen gibt, würden sie sich auch selbständig machen, ein cooles Start-up oder so gründen …