90 Stunden-Woche: Nur Spitze des Eisbergs – Gewerkschaft fordert Arbeitsinspektorat zu österreichweiter Aktion scharf in den Tourismusbetrieben auf.
Drei Hoteliers im Montafon und am Arlberg ließen ihr Personal mehr als 90 Stunden pro Woche arbeiten, wie orf-online heute berichtet. Bei einer Schwerpunktkontrolle des Arbeitsinspektorats seien die drei Hotelbetriebe erwischt und angezeigt worden. Der Vorsitzende des Fachbereichs Tourismus in der Verkehrs- und Dienstleistungsgewerkschaft vida, Berend Tusch, sieht in den Vorfällen einen „skandalösen Missbrauch von Beschäftigten“ und ortet hier nur „die Spitze des Eisbergs“ in Österreich, angesichts der weiteren Kontrollergebnisse, dass es in 57 kontrollierten Vorarlberger Betrieben zu 23 Beanstandungen wegen des neuen Arbeitszeitgesetzes gekommen sei. In sechs Betrieben musste das Personal ohne einen Ruhetag pro Woche durcharbeiten, wie orf-online berichtet. Zahlreiche weitere Arbeitszeitverstöße seien laut Tusch zu befürchten. „Ich fordere das Arbeitsinspektorat daher zu einer österreichweiten Aktion scharf in den Tourismusbetrieben auf“, sagt Tusch.
Seit September 2018 gilt das neue Arbeitszeitgesetz in Österreich. Seither ist es erlaubt, bis zu 60 Stunden pro Woche zu arbeiten. Das neue Arbeitszeitgesetz der ehemaligen türkis-blauen Bundesregierung habe derartigen Missständen weiter den Boden geebnet. Das Arbeitszeitgesetz bedürfe einer dringenden Überarbeitung, bevor die Situation in den Betrieben noch weiter entgleise, fordert Tusch mehr Kontrollen und höhere Strafen bei Verstößen.
Mehr Arbeit und weniger Gesundheit, laute die Devise des 2018 eingeführten Arbeitszeitgesetzes mit 12-Stunden-Tagen und 60-Stunden-Wochen einhergehend mit massiven Verschlechterungen wie erweiterte geteilte Dienste für die 200.000 Beschäftigten im Tourismus. Der Fachkräftemangel werde so nur noch weiter befeuert, kritisiert Tusch weiter. „Es wird weder inländische noch ausländische ArbeitnehmerInnen geben, die sich unter diesen Voraussetzungen um einen Job in der österreichischen Tourismuswirtschaft reißen. Das neue Arbeitszeitgesetz bedient einzig und allein die Lebensrealitäten der Betriebe und macht ein familienfreundliches Arbeitsleben nahezu unmöglich. Die Menschen in den Betrieben haben deswegen auch massive Ängste und Sorgen. Viele ArbeitnehmerInnen meiden Tourismusjobs bereits wie der Teufel das Weihwasser“, bekräftigt der vida-Gewerkschafter.
Auch dass Hoteliers Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz und andere Vorschriften mit Personalnot argumentieren, könne als Entschuldigung nicht toleriert werden, so Tusch weiter. Die Arbeitgeber seien vielmehr aufgefordert, unabhängig der gesetzlichen Möglichkeiten, endlich ordentliche Rahmenbedingungen in den Betrieben zu schaffen, so Tusch. „Es kann nicht sein, dass der Wettbewerb unter den Betrieben darin mündet, wer mit noch weniger Beschäftigten sein Geschäftsziel erreichen kann. Ich applaudiere jenen Betrieben, die bereits jetzt erkannt haben, dass neben der Gastfreundlichkeit die MitarbeiterInnenbindung und -zufriedenheit das höchste Gut sind, das man in einem Unternehmen haben kann“, so der vida-Gewerkschafter.
„Tourismus ohne Beschäftigte, egal woher sie kommen, wird auch in Zukunft nicht funktionieren. Erschöpfte und demotivierte MitarbeiterInnen sind der falsche Weg, um wirtschaftlich erfolgreich zu sein“, unterstreicht Tusch abschließend.
Quelle
Link zum Originalartikel, bzw. zur Quelle des hier zitierten, adaptierten bzw. referenzierten Artikels (Keine Haftung bez. § 17 ECG)