Interview: “Zu wenig Einkommen, aber zu viel Druck von oben!”

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Für zu viele Menschen ist die Coronakrise nur der wolkenverhangene Gipfel eines langen, steilen Lebensweges. In diesen Zeiten hören wir oft von Schicksalen, welche auch ohne Corona genug gesundheitliche und damit wirtschaftliche Probleme haben.

Der neueste Brief, vielmehr eine Art Hilferuf an uns, zeigt auch, warum sich manche nicht einfach “zum Wohle aller” impfen lassen können.

Doch hier soll es mehr um die prekäre wirtschaftliche Lage gehen, welche durch Krankheiten ausgelöst wurde, gegen die es scheinbar keine Allheilmittel gibt.

Die Verfasserin gab uns auf Nachfrage ein bewegendes Interview.
Zuerst kommt aber mal die

Zusammenfassung des Briefes

Frau Klaudia T. ist jetzt 56 Jahre alt, geschieden und lebt derzeit alleine in Kärnten, hat 3 Kinder und bereits 5 Enkelkinder.
Sie arbeitete in der Gastronomie, von der wir alle wissen, wie fordernd diese Branche ist. Doch diverse Krankheiten bedeuteten das frühzeitige Ende der Karriere – welche, darauf kommen wir später zu sprechen.

Ihre Notstandshilfe ist mit 970 Euro “zu wenig zum Leben, aber zu viel zum Sterben“, wenn man dieses recht grobe, alte Sprichwort hier überhaupt anwenden sollte. Denn die Lage für Bezieher solcher Almosen ist weit schlimmer, als die Neidgesellschaft glaubt.

Wie oft mussten sich Arbeitslose oder Notstandshilfe-Bezieher bei der Nennung solcher “Einkommen” anhören, dass sie der Gesellschaft auf der Tasche liegen?
Jeder zweite der modernen, ewig jungen, unabkömmlichen, höchst beliebten, gut vernetzten und stets gesunden, fleißigen Generation ist der Meinung: “Diese Sozialschmarotzer kosten MIR ein Vermögen!

Von diesem Notstandshilfe-Bezug, welcher sogar knapp unter dem Existenzminimum in Österreich liegt, müssen in jedem Fall, jeden Monat pünktlich 620,- Euro Miete weg. Dann 60,- Euro Strom und Versicherungen, die man eben unbedingt braucht, welche zum Teil ja auch gesetzlich vorgeschrieben sind.

Wenn sich das mal nicht sofort ausgeht, trudeln schnell die Mahnungen inkl. Mahngebühren, Forderungen samt Verzugszinsen oder gar gleich gerichtliche Zahlungsbescheide mitsamt deren “Kosten des Antrags” ein.

Apropos Existenzminimum und Forderungen – Wussten sie,

  • … dass man in Österreich auch 25% unter das Existenzminimum gepfändet werden kann?
  • … dass man Schuldnern hierzulande auch die Arbeitslose oder Notstandshilfe pfänden kann?
  • … dass bloß Krankengeld und Wohnbeihilfen vor Gläubigern sicher sein können?

Das Interview

Frau Klaudia T.: “Bis am sechsten des Monats oder manchmal gar länger kommt mal nichts vom Amt, ist komplette Ebbe auf der Bank“.
Doch innerhalb eines Tages, dem gefürchteten “Zahltag” ist alles weg, es bleiben vielleicht 50 Euro übrig.

Wir betonen das mit dem “Zahltag” deswegen, weil ausgerechnet die Bezieher solcher Almosen ihre Verpflichtungen pünktlich erledigen wollen. Dies haben uns schon andere geschrieben: Da gibt es z.B. den 10. jeden Monats, das ist der Zahltag und da sollten alle regelmäßigen Ausgaben rausgehen.

zib: Gibt es denn überhaupt noch andere Unterstützung, Rückhalt?

Ich bekomme Mietzuschuss, 110 Euro, das kommt Ende des Monats. Das muss aber auf der Bank bleiben, da am ersten die Abzüge weggehen, es bleiben mir genau 40 Euro, da darf aber nichts passieren.

Die Familie habe sich angesichts der Krankheiten zurückgezogen, es gibt ab und an telefonischen Kontakt.
Wir lernen daraus: Es muss nicht Corona sein, was die Gemeinschaft spaltet. Schon die kleinste, aber wichtigste Gemeinschaft, die Familie, kann daran zerbrechen … [Buchtipp: „Dein Ursprung liegt in Deiner Kindheit“]

Sollte es, so wie sie alle Tage schreiben, zu einem Blackout kommen, hätte ich kein Wasser, nichts zu wärmen und kein Politiker spricht darüber.” Da sitzt man dann alleine im Dunkeln, nichts geht mehr.
Aber kaum ist der Strom wieder da, quasseln die “Experten” im TV welche Vorräte man bunkern sollte. Tja, wie, zum Kuckuck? Wie, wenn man kaum so über die Runden kommt?

zib: Darf man fragen, welche gesundheitlichen Handikaps sie beeinträchtigen?

Wir dürfen.
Zuvor aber merkt Frau T. noch etwas zur Corona-Impfung an.
Sie meint: “Man wird nur mehr mit Impfung erpresst!“, aber da ihr Arzt sagt, sie dürfe sich nicht impfen lassen, kann Klaudia diesem Druck nicht nachgeben.

So wie wir das verstehen, muss keiner ein “Impfgegner” sein oder gar die Existenz der größten gesundheitlichen Bedrohung für uns alle ignorieren. Nein, es gibt für viele Menschen triftige Gründe, bzw. gar den ärztlichen Rat dagegen!

zib: Welche Gegenindikation spricht gegen eine Impfung?

Klaudia T.: “Da ich große Probleme mit meinem Asthma und Bronchitis habe, wogegen ich schon fast 2 Jahre ankämpfe und ich es nicht loswerde. 3 bis 4 mal pro Jahr(!) habe ich auch noch eine Lungenentzündung.

Und: “Mit Impfung habe ich noch ein weiteres Problem: Meine linke Hand ist eine “Krallenhand“, ich muss Schiene tragen, kann Zuhause selbst nicht viel tun.
Jene Ulnarislähmung sei auch der Anfang vom Ende der beruflichen Laufbahn gewesen. Dazu braucht es keine Lungenerkrankungen, alleine die Krämpfe in der linken Hand machten viele Tätigkeiten unmöglich.

Interview musste vorzeitig beendet werden

Am Tag des Interviews musste Frau Klaudia aber abbrechen, es ging ihr nicht gut, eine dringende Fahrt zum Lungenfacharzt musste eingeschoben werden.
Kommt man da auch dran? So ohne Termin? Vielleicht verfährt man viele Kilometer und im Vorzimmer des Arztes erhält man bloß einen Termin, weil die akute Situation verkannt wird? Das passiert auch den besten Medizinern, überhaupt jetzt, wo alle am Limit sind.

Klaudia T.: “Ich muss mir auch Geld leihen, wenn ich weiter weg zum Arzt fahren muss und das muss ich mir vom Essen wieder weg sparen, damit ich kleinweise das Geld wieder zurückzugeben kann.

Epilog

Dies alles sind Dinge, welche sich die wahlton-angebende Generation nicht vorstellen kann. Menschen mit Handikaps müssen schon den Kopf unter Arm tragen, um als bedauernswert, hilfsbedürftig angesehen zu werden.

Wer finanziell oder gar körperlich “aus dem letzten Loch pfeifft” (wieder so ein schlimmes Sprichwort, gell.) und dies nicht mittels tiefer Wunden, lautem Schmerzensrufen signalisiert, gilt als okay und als Schmarotzer, sollte sie/er nicht auch 20 Stunden täglich arbeiten.

Wer seine Leiden still erträgt, niemanden zur Last fällt, keinen zu nah kommt, ist demnach 150 % arbeitsfähig und hat nichts an der Brieftasche der Superfleißigen verloren.

Der Ton des schweren Herzens wird überhört, auch wenn es schlägt

(So endlich mal ein schönes Sprichwort; aus Japan)

DANKE fürs Vertrauen und ALLES BESTE, FRAU KLAUDIA!